Bibliotick: Wörter und StickereiArtistin

Zwei Zitate stellt Nadine Kegele an den Beginn ihres Buchs Und essen werden wir die Katze: Einen Satz von Irmgard Keun: «Heimat ist da, wo man gut behandelt wird.» Und: «Das Andere ist das, was ich gefangen halte» von Anita Pichler. Beide Aussagen beschreiben, umschreiben die Inhalte des Buchs – das sind Bild/Text-Collagen, Illustrationen und Prosatexte. Eine Auswahl der Collagen und ein paar der Texte erschienen (in leicht geänderter Form) bereits im AUGUSTIN. Die Collagen aus alten Fotos, aus Zeitungen ausgeschnittenen Wörtern und mit Stickerei versehen, sind absurd-lustige Kommentare zu Überkommenem und Zeitgeschehen.
Heimat, ein Begriff, ohne den die meisten politischen Parteien derzeit nicht zu werben wagen, kann so vieles sein. Mit der ausschließenden Verwendung des Worts wird den einen vorgeschrieben, schneebedeckte Berge, Schifahren und Dirndlkleider lieben zu müssen, und den anderen ein gutes, neues Zuhause verweigert. In einigen der Texte Kegeles geht es um Menschen, die ihr Zuhause verlassen mussten und die nun in Österreich leben. «Kopfweh aus Kuwait» und «Schmetterling und Holz» etwa erzählen in einer Art dialogischer Form von den Erfahrungen von Männern und Frauen, die geflüchtet sind. «Syrien ist heimlich in Polen verliebt» verarbeitet vergnüglich das Miteinander-Umgehen von Kindern unterschiedlicher Herkunft in einer Schulklasse.

Von Lieben muss man unfrisiert. Protokolle nach Tonband (2017), in dem Nadine Kegele weibliche Biografien festhält, unterscheidet sich Und essen werden wir die Katze sehr stark. Zwar ist Lebensgeschichtliches, real und fiktiv, ein dominantes Element in vielen der Texte, allerdings oft in abstrahierter Form. So ist «Flügel, die mir wuchsen, weil ich fiel (Keine Kammermusik mehr)» eine Analyse gesellschaftlicher Unterdrückung der Frau, Anleitung zum Empowerment, Erzählung, Pamphlet, Manifest wie auch ein literarischer Metatext mit expliziten «intertextuellen Verflechtungen» zu Texten Ingeborg Bachmanns – und dabei einfach eine unterhaltsame Erzählung.

 

Nadine Kegele: Und essen werden wir die Katze

Kremayr & Scheriau 2018

208 Seiten, 22,80 Euro