Bis zu neun Stundentun & lassen

Augustinverkäufer Oviawe

«Wir Afrikaner_innen helfen einander, das weiß ich nur zu gut. Denn als ich in Wien drei Tage lang auf der Straße gelebt habe, hat mich eine Frau aus Afrika in meiner Not unterstützt.

Foto: Mario Lang

Vor zwei Jahren und fünf Monaten bin ich nach Österreich gekommen. In meinem Dorf in Nigeria wurde ich mit dem Tod bedroht und musste fliehen. Hier angekommen, habe ich zuerst gedacht, ich sei in Australien, denn der Mann, der mir zur Flucht verholfen hat, erzählte mir genau das. Nach einem Monat Aufenthalt in Traiskirchen bin ich nach Wien gegangen. Obwohl man mir mitgeteilt hat, dass ich nach 15 Monaten mein Asyl-Interview bei den Behörden haben werde, warte ich nach zweieinhalb Jahren noch immer darauf, dass ich meine Fluchtgeschichte erzählen kann. Da­rüber, dass es in Österreich unabhängige Beratungsorganisationen wie Asyl in Not gibt, wurde ich nicht aufgeklärt.

Beim täglichen Augustin-Verkauf stehe ich manchmal bis zu neun Stunden auf der Straße, bis ich genug verdient habe, um mir mein Essen zu ­besorgen. Für mich ist es eine stressige Aufgabe, und ich stehe vielen He­rausforderungen gegenüber. Wenn ich an meinem Standort auf der Mariahilfer Straße mit Menschen ins Gespräch komme und Freundschaften schließe, dann macht mich das froh. Also sprecht mich einfach an, ich bin leicht an meiner buntgefärbten Irokesen-Frisur zu erkennen. Leider erlebe ich auch Diskriminierung. Manche wollen keine Zeitung von mir kaufen, weil meine Hautfarbe Schwarz ist, und manche beschimpfen mich sogar.

Nach der Arbeit komme ich meistens hundemüde nach Hause und lege mich bald schlafen. Vorher telefoniere ich gerne mit Freund_innen und treffe mich mit meiner Freundin. Ich wohne zusammen mit einem Freund in einer kleinen Wohnung im 20. Bezirk. Am liebsten besuche ich Orte, die im Grünen liegen. Deshalb gefällt mir St. Pölten auch besser als Wien. Denn dort gibt es viele Wiesen und Bäume, und die Kleinstadt ist eine ruhige Gegend, wo nicht alles so überlaufen ist. Was ich gerne in meiner Freizeit mache, ist Fußball spielen – auch in Nigeria habe ich schon im Team gekickt.

Mein Traum ist es, eine Arbeitserlaubnis zu erhalten und in Österreich in einem Geschäft zu arbeiten. In meinem Dorf in Nigeria habe ich gelernt, wie man Fenster herstellt. Ich würde aber auch andere Arbeiten machen, die sich gerade anbieten. Hier in Wien habe ich einen Deutschkurs besucht, und ich verbessere meine Sprachkenntnisse täglich beim Zeitungsverkauf. Den Augustin finde ich interessant, und ich wünsche mir, dass mehr Menschen die Zeitung kaufen, um die Verkäufer_innen zu unterstützen.»

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