Bist du behindertDichter Innenteil

Hi, ich bin Imanja, Teenager mit Behinderung und offen queer. «Du kannst nicht behindert sein und queer.» – Wie oft hab ich das gehört. Mit diesem Vorurteil möchte ich jetzt endlich aufräumen.

Von uns Behinderten wird oft erwartet, dass wir nur vom Staat und in einer WG oder in Institutionen leben und dass wir keine Sexualität haben und nur mit dem Fahrtendienstbus fahren: Aber nein, nicht alle leben so.

Es gibt sehr wohl verständnisvolle Eltern, die ihren Kindern trotz Behinderung helfen, unabhängig, ein Leben in der Gesellschaft nach ihrem Geschmack zu führen, mit Unterstützung und ohne Institutionen. Familien, die sich freuen, wenn ihr Kind mit Behinderung heiratet oder mit seinem Partner zusammenzieht.

So wie «queer» vom Schimpfwort zur machtvollen Bewegung wurde, wünsche ich mir, dass «behindert» auch nicht mehr ein Schimpfwort ist, sondern zeigt, wie stark wir durch das Leben gehen, und wie stark es uns macht, wenn wir für die selben Rechte kämpfen, die Menschen ohne Behinderung und Heterosexuellen einfach zustehen.

Normale Menschen (wow – dass es dieses Wort «normal» noch gibt) erlauben sich oft zu denken, dass Leute mit kognitiver Behinderung wie Kinder sind und keine eigene Sexualität haben können oder heiraten dürfen, geschweige denn, dass sie womöglich queer oder transgender sein könnten.

Wir «Behinderten» sind so unterschiedlich wie alle anderen Menschen ohne Behinderung auch. Ich will kein Mitleid von der Gesellschaft. Oft bekomme ich nur «gut gemeint» und nicht die ganzen Menschenrechte.

Ich will mich nicht in einer Institution verstecken lassen, weil laut manchen, zum Beispiel Waldorfler oder einigen Christen, die Welt für Menschen mit Behinderung, vor allem mit geistiger Behinderung, nicht sicher und zu gefährlich sei.

Ich bin der Meinung, da sollte sich die Gesellschaft ändern, so dass wir an allem teilhaben können. Ich will trotzdem alles verstehen, ohne dass mann für mich die Entscheidungen trifft.

Ich bin Teil der Gesellschaft wie alle anderen Menschen auch.

Ich liebe zu tanzen und mit der Familie und Freunden zu lachen, Witze zu machen und andere zu pranken und mit anderen Menschen Sex zu haben wie die meisten Menschen auf der Welt. Ich will Anwältin oder Lehrerin oder Politikerin oder Musik-Produzentin werden.

Ich will nicht diskriminiert werden wegen meinem Gewicht oder meiner Größe oder meinen Fingern oder Lernschwächen. Ich will mein Gesicht nicht in der Zeitung oder im Fernseher oder in der Werbung sehen wegen Mitleid und für Spendensammlungen, weil ich eine Behinderung habe.

Ich kann eine Bereicherung für die Gesellschaft sein. Ich hab das Recht, Beziehungen auszuprobieren, meine Grenzen zu spüren. Ich darf Erfolg haben und auch versagen und Neues probieren.