Speakers' Corner (9. Oktober 2024)
Ich gehe sehr viel durch die Bezirke zu Fuß, meine Lieblingsgeschäfte sind auf ganz Wien verteilt. Dabei erlebe ich viel von beiden: den Plusis und den Minusis. Eine kurze Geschichte. Es war der letzte Tag, an dem ich aus der Galerie Eisenwaren Kamp meine Bilder holen konnte und ich brauchte dringend Katzenstreu. Also nahm ich von zu Hause das Wagerl mit und fuhr erst die Bilder holen. Natürlich war eines der Bilder zu groß für das Wagerl. Irgendwie klebte ich provisorisch die zwei Bilder auf das Wagerl. Drei Stationen. Dort entschied ich mich, die Bilder in einer Hand zu tragen, das Wagerl in der anderen zu nehmen. Bei Längenfeldgasse ging ich zuerst hinauf zur Drogerie, dort kaufte ich alles Notwendige – und es wurde viel mehr als geplant. Das Wagerl bumvoll, die Bilder nicht zu vergessen. Ich fühlte mich mit meinen 85 kg sehr zerbrechlich und schwach, ehrlich gesagt auch alt. Ich stand da und versuchte, mich zu reorganisieren. Wie aus dem Nichts sprach mich von der Seite ein junger Mann an: Tante, kann ich dir helfen? Jaaa. Mit einem leichten Schwung hob er das tonnenschwere Wagerl auf und brachte es nach oben. Während ich mich bedankte, schaute ich in die Augen eines guten Menschen. Ich war sehr gerührt.
Ich ging schnell zur Apotheke, und dann weiter zum Chinesen. Ich liebe es, Mandarin zu hören. Dann die Stufen hinunter zur U6: bis auf den Dürüm-Pizza-Betreiber weit und breit keine potenzielle Rettung zu sehen. Also hinunter mit mir. Stufe für Stufe. Erste Stufe bumkrachbum geschafft, bei der zweiten merkte ich, dass ich leicht das Gleichgewicht verliere. In diesem Moment griff ein anderer junger Mann das Wagerl auf und fragte: Darf ich helfen? Euch schickt der Himmel! Ja, bitte!
In Meidling angekommen, beeilte ich mich zur Schnellbahn. Außer Atem, leicht verschwitzt, eilte ich hinauf. Da spricht mich ein fescher ÖBB-ler an: Langsam, langsam, ich pfeife, bevor die Tür zugeht. Ich: Danke schön! Er ein Lächeln. Ich erlebe den Internationalen Tag der guten Männer.
Danke, dass ihr mich lest!
Hier schreiben abwechselnd Nadine Kegele, Grace Marta Latigo und Weina Zhao nichts als die Wahrheit.