Bittere Arbeitsbedingungentun & lassen

Was Grenze, Ausbeutung und Obst verbindet

In der Migrationsdebatte kennt man den Arbeitsmarkt betreffend zwei gängige Vorurteile – «Die nehmen uns die Arbeitsplätze weg» vs. «Die sind zu faul zum Arbeiten» – und weiß nicht, für welches man sich entscheiden soll. Dass beide nicht stimmen, sondern dass Aslywerber_innen der Arbeitsmarktzugang bis auf minimale Ausnahmen versperrt bleibt, ist ein Wissen, dass erst verbreitet werden muss.

Wenn Menschen die Möglichkeit, ökonomisch für sich selbst zu sorgen, genommen wird, werden sie ausbeutbar. Und noch ausbeutbarer sind sie, wenn ihnen nicht nur der Arbeitsmarktzugang, sondern gleich auch der Zugang zu einem regulären Aufenthalt verwehrt wird. Eine Branche (von vielen), die durch Überausbeutung illegalisierter Arbeiter_innen überhaupt erst ihre Profite machen kann und sich teilweise auch der physischen Gewaltausübung bedient, um ihre Pfründe zu sichern, ist die Landwirtschaft, und darin sind es vor allem die Sparten, die Handarbeit erfordern: setzen, pflücken, verpacken – der Obst-, Wein- und Gemüsebau. All das haben sich Diana Reiners und Gilles Reckinger, von Berufs wegen der Ethnologie verschrieben, anhand des Orangenanbaus in Kalabrien angesehen. Die beiden haben, gemeinsam mit der Sozialwissenschafterin Carole Reckinger, vor mehreren Jahren begonnen, Lampedusa, die Grenze, die Migrationsrouten, die Ankunft in Europa mit all ihren Erschwernissen, den verhinderten Arbeitsmarktzugang und die niedrigpreisigen Agrarprodukte zusammenzudenken. Heraus gekommen ist eine breite Dokumentation der Lebens- und Arbeitsbedingungen von Menschen, die einmal aufgebrochen sind, sich eine bessere Zukunft zu schaffen. Die wird ab Ende September in Fotografien, Film- und Tondokumenten im Volkskundemuseum vor- und ausgestellt.

Bitter Oranges. Migrantische Erntehelfer in Süditalien

25. 9.–15. 11., Di.–So., 10–17 Uhr

Volkskundemuseum, Laudongasse 15–19, 1080 Wien