Blumen für die „Blauhelmtruppe“?vorstadt

Frauen im Fußball. Expertinnen ziehen Bilanz:

Eine spannende Diskussion mit hohem Informationsgehalt und Spaßfaktor über „Frauenfußball und Fußballfrauen“ entwickelte sich im „Club 2×11“, zu der die Büchereien Wien, der „Ballesterer„, „tipp3“ und „FairPlay“ einluden.Die Bestandsaufnahme zum Thema durch fünf Frauen und einen Mann lockte zahlreiche Interessierte an. Einige brisante Diskussionspunkte wurden zwar nur gestreift und strukturelle Benachteiligungen von Frauen phasenweise als „ortsüblich“ vorausgesetzt – Einverständnis damit wurde dadurch aber nicht bekundet. Nur war die Neugier größer, was Frauen aktuell auf und neben dem Rasen erleben und welche konkreten Aktivitäten Frauen den Zugang zum Fußball erleichtern können. Gefragt war daher vorwiegend die „Innensicht“ der Frauen im Fußball aus ihren jeweils persönlichen Perspektiven und welche Schlüsse daraus für die „Außensicht“ gezogen werden können.

Lediglich Heinz Palmes „Innensicht“ verunglückte völlig: Er faselte vom Kicken schon beim Geburtsvorgang und wünschte sich dementsprechend viele“Mütter“ auf den Fußballplätzen. Man könnte mit seinen Statements hart ins Gericht gehen, doch ersparen wir uns das zu Gunsten spannenderer Fragen. Vielleicht sollte man noch ergänzen, dass alle Anwesenden wussten: Einen „Besseren“ als Palme zum Thema Fußball und Frauen gibt’s in der heimischen Funktionärslandschaft auch nicht. Und das ist das eigentlich Schlimme.

Da nützt es auch nichts, dass Karin Hambrusch eingeladen war, die – als Geschäftsführerin von Sturm Graz – die „weibliche“ Ausnahme der „männlichen“ Regel bestätigt: Im Fußball haben Frauen auch 2007 noch nichts zu reden. Zu sagen haben sie aber viel. Etwa Ulrike Held, die – seit Jahrzehnten fußballbegeistert – als erste Frau einen Austria-Fanklub gründete. Ihre teils sehr persönlichen Ausführungen gaben Auskunft über die großen Widerstände durch Männer, aber auch über die Begeisterung, die weibliche Fans veranlasst, auf den Fußballplatz zu gehen: zumindest 30 Prozent der erwachsenen Stadionbesucher sind Besucherinnen.

Die „Blauhelmtruppe“ der Stadien

Dabei offenbarte sich, dass weibliche Fans noch immer als „Anhängsel“ der Männer betrachtet werden: Blumen zum Muttertag und ermäßigte Eintrittspreise für Frauen sprechen ihnen einen eigenen „Fanstatus“ ab. Davon kann auch die Autorin und Fußballexpertin Nicole Selmer aus Deutschland erzählen: Durch Aktionen, etwa einer eigenen Website von Hertha BSC mit „Schminktipps fürs Stadion“ und ähnlich spannenden Anregungen für weibliche Fans, werden Frauen in ihrer Fußballbegeisterung schlicht nicht ernst genommen. Berichtet wurde auch von Kinderkrippen in deutschen Stadien, damit Mütter ein Match in Ruhe verfolgen können. Stellt sich die Frage: muss denn Kinderbetreuung noch immer als „Frauenthema“ diskutiert werden? Derart familienfreundliche Maßnahmen wären wohl auch in Österreich sinnvoller als ein paar Blümchen für jene, die des Fußballs wegen in die Stadien kommen.

Kolportierte Sicherheitsbedürfnisse von Frauen in den Stadien liefen gleich zweimal in einen Konter: Erstens gebe es zahlreiche Frauen, die das Flair der „Kurve“ samt Lärmpegel, Schiedsrichterbeschimpfungen, hohem Bierkonsum und latenter Gewaltbereitschaft etwas Positives abgewinnen. Dies zähle zu den letzten Abenteuern der „zivilisierten Gesellschaft“. Zweitens würden auch männliche Fans nicht von randalierenden „Ultras“ in die Stadien gelockt, sondern von möglichst hochwertigen sportlichen Darbietungen. Entschieden verwahrte sich Selmer dagegen, Frauen als „Blauhelmtruppe“ für die Stadien zu betrachten.

Wie sieht es eigentlich bei den selbst kickenden Frauen aus? Isabel Hochstöger, bekannt für ihre fußballerischen Qualitäten, weniger bekannt für ihre Tätigkeit in der Sektion Frauenfußball beim ÖFB, erzählte aus dem Bundesligaalltag und den Schwierigkeiten im Nachwuchsbereich. Schließlich funktioniere Spitzensport auch nur über den Breitensport, und da mangle es hierzulande noch an vielem. Einzelne Kooperationen von Vereinen (z. B. Landhaus) mit Schulen seien ein Beginn, sie könnten jedoch nicht wettmachen, dass Fußball im Turnunterricht noch immer hauptsächlich Jungs angeboten wird.

Mehr „Neulengbach“ vs. „Landhaus“ statt Malta vs. Österreich im TV!

Selbstkritisch (oder zu wenig selbstbewusst?) zeigte sich Hochstöger angesichts von Forderungen, Frauenfußball auch im TV zu zeigen. Dafür seien höchstens ein paar Topspiele geeignet. Bei so viel Bescheidenheit fragt man sich, mit welcher Selbstverständlichkeit etwa die Herrenpartie Malta gegen Österreich ausgestrahlt wird? Dennoch herrschte Konsens über die mangelnde mediale Präsenz von Frauenfußball. Man(n) würde nicht einmal informiert, welche Teams wann und wo spielten. Da verwundert es nicht, wenn zu Ligaspielen nur ein paar Dutzend ZuschauerInnen kommen. Selbst den SV Neulengbach feuern trotz attraktiver Gegnerinnen und hohem spielerischen Niveau nur ein paar hundert Fans an.

Die Medien sind aber nicht nur nach außen, sondern auch nach innen geschlechtsblind. Jüngster Beleg ist Elmar Oberhauser, der sinngemäß „keine Frau kennt, die ein Match kommentieren könnte“. Wäre er zur Diskussion erschienen, hätte er zumindest zwei davon kennen lernen können: Neben der souveränen Diskussionsleiterin, TV-Moderatorin und Schiedsrichterin Elisabeth Auer, kommentiert die im Publikum anwesende Dani Linzer längst Bundesligamatches der Männer fürs Radio. Ebenso unglaublich wie „Elmos“ Vertrauen in Robert Seeger & Co. muten die „Anekdoten“ an, wonach Otto Rehagel und Otto Baric Interviews mit Journalistinnen verweigerten.

Was gibt es also zu tun, um die Beziehung zwischen Frauen und Fußball zu verbessern? Zahlreiche Vorschläge wurden dazu ventiliert. Den Einwurf der Sportjournalistin Linzer, es bräuchte zur Vermarktung intelligente Frauen, die nicht nur gut spielten, sondern auch gut aussähen, griff Palme dankbar auf und fantasierte von Frauen als „Botschafter (sic!) der Leidenschaft“. Mit Leidenschaft meinte er aber nicht etwa diejenige von Frauen am Rasen und in den Stadien, sondern jene der Männer, die durch die Frauen entfacht werden solle. Dazu reichte er einen Bekleidungsvorschlag, der sich am Outfit von „Beachvolleyballerinnen“ orientierte. Bevor es zur „Kournikovaisierung“ des Frauenfußballs in Österreich kommen kann, sind aber andere Vorschläge brauchbarer: etwa die Aufstockung des Budgets der Frauensektion im ÖFB von derzeit 1,75 Prozent des Gesamtetats, um strukturelle Defizite auszugleichen. Dass in der Schülerliga keine Mädchenmannschaften kicken oder eine Mädchenquote in den Teams vorgesehen ist, ließe sich auch ohne die Altherrengremien der Verbände ändern. Die Forderung nach koedukativem Schulsport, um möglichst viele Sportarten beiden Geschlechtern zugänglich zu machen, richtet sich ans Bildungsministerium. Konkreter ist das Pfingstturnier für Mädchen, das in Wien veranstaltet wird. Der Augustin wird darüber berichten.