Box Union Favoritenvorstadt

Schlagkräftige Argumente

Der Boxsport in Österreich fightet um ein besseres Image und mehr Publikum.Living in America “ der James Brown Klassiker aus Rocky IV beschallt das Kellerlokal in der Quellenstraße. Die Leiberl picken, der Schweiß fließt in Strömen. Doppelendball, Maisbirne und Sandsäcke werden rhythmisch tänzelnd mit den Fäusten bearbeitet. Rechts-Links- Kombinationen schneiden die Luft vor der Spiegelwand. Die Halle ist gut besucht, „aber nicht gut genug „, raunzt Lokalmatador Alfred Marek. Anders als in Amerika oder auch in Deutschland ist der Boxsport in Österreich ein ungeliebtes Stiefkind. Es mangelt an allen Ecken und Enden: Subventionen, Zulauf, Anerkennung und Sponsoren. Hartnäckig rauft er gegen seinen schlechten Ruf und um ein potentes Zugpferd. Der Letzte, der die Massen bewegte, war Hans „Hanseee “ Orsolics vor dreißig Jahren und der hat bekanntlich „valuarn „. „Wird de Gschicht eh ka Verriß „, erkundigt sich ein mißtrauischer Trainer. „Der Boxsport in Österreich ist sowieso schon am Boden, a negative Presse könn ma net brauchen. “

Alfred Marek ist wahrlich eine imposante Erscheinung. Oberarme mit Schenkelumfang, überdimensionaler Brustkorb, kahl rasierter Kopf. Einzig die Nase zeigt leichte Spuren der Vergangenheit. Seit nunmehr fünf Jahren leitet Herr Marek den renommierten Boxclub in Wien 10. Die Union Favoriten gibt es bereits über 50 Jahre und hat die meisten Staatsmeister hervorgebracht. „Alles Eigenbau „, klopft sich der Meistermacher zufrieden auf die Schulter. Bevor sich Alfred Marek entschloß, sich um den Nachwuchs zu kümmern, hat er selbst geboxt. 1984 begann Alfreds kurze aber heftige aktive Laufbahn. Private Probleme haben ihn seinerzeit verleitet in den Ring zu steigen. Nach nur vierzehntägiger Trainingszeit hatte der damals 24-jährige seinen ersten Fight. Eine glatte Sache, Sieg durch KO! Marek kommentiert seinen glänzenden Einstieg folgendermaßen: „Die Härte hab ich von der Straße mitgebracht „, was vermuten läßt, daß der heutige Trainer kein Lercherl war. „Im Beserlpark „, wie er nicht unstolz verrät, „hats hie und da Mal gekracht „. Mittlerweile ist Alfred Marek 40 und dementsprechend ruhiger. Die Hand kommt ihm außerhalb der Seile so gut wie nie aus. Zu genau weiß der Routinier Bescheid über Folgen und Wirkung seiner rechten Geraden. Gerade ein Jahr dauerte seine „handgreifliche “ Karriere. Teilnahmen an der Wiener-, sowie der Staatsmeisterschaft, 16 durch KO gewonnene Kämpfe, und ein Angebot aus dem Profilager waren dabei die Ausbeute. Doch Alfred Marek lehnte ab, „die Voraussetzungen haben nicht gepaßt „, und entschied sich stattdessen für die Trainerlaufbahn. Heute ist er einer der wenigen österreichischen Trainer mit A-Lizenz.

Als Plädoyer für den Boxsport stützt sich Herr Marek auf eine für ihn unwiderrufliche Tatsache. Aus Sicht der sportmotorischen Eigenschaften hält er Boxen für die kompletteste Sportart: „Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit. “ „Den Erfolg „, so Marek weiter, „bringt aber nur die richtige Technik „. Vom schöngemalten Fechten mit den Fäusten im Amateursport hält der harte Brocken jedoch wenig. „Alles nur eine Illusion. “ Für ihn ist Boxen ein Kampfsport und kein Handarbeitskränzchen. Im Gegensatz zum Profiboxen kämpft man im Amateursport mit Kopfschutz, die Schlagflächen an den Handschuhen sind gekennzeichnet und die Schlagwirkung wird nicht gewertet. Dazu muß man wissen, daß der Profiboxsport in Österreich so gut wie kaum vorhanden ist. Es fehlt das passende Umfeld und natürlich am Geld. Trotz allem läßt Alfred Marek seine Schützlinge nicht nach verstaubten Regeln sondern mit professioneller Härte zulangen. Ich will meine Buam auf den Kampf vorbereiten und ihnen den Ringstaub ersparen. “ Was in den Lehrbüchern steht ist ihm dabei wurscht. Ich habe meinen eigenen Stil „, predigt einer der weiß was er will: Nämlich Ergebnisse, einen neuen Champion. Anders als beim Fußball, wo man ein Tor bekommt oder beim Laufen, wos um verlorene Meter geht, liegt man beim Boxen gedemütigt am Boden. „Im Ring geht es nunmal um die physische Vernichtung mit allen technischen, taktischen und konditionellen Mitteln. “ Direkte Worte von einem starken Mann. Mareks Ansichten stoßen allerdings nicht auf ungeteilte Zustimmung. Andere setzen im Amateurboxen lieber auf die feinere Klinge, eben das Fechten mit den Fäusten. Schlimmer noch, vor 20 Jahren sollte der Boxsport in Österreich gar verboten werden. „Gesundheitsschädlich “ war das Argument. Dabei ist das gegenseitige Kräftemessen mit den Fäusten wahrscheinlich so alt wie die Menschheit selbst.

Aktuell sieht Alfred Marek wieder Licht am Ende des Tunnels. Sein vielversprechendster Schützling Albert Lukic, Staatsmeister 99, ist wieder fit. Von seinen boxerischen Anlagen her analysiert er Albert als einen, der ohne langes Techtelmechtel gleich zur Sache kommt. „Der frißt seine Gegner. “ Daß Lukic nicht sonderlich beliebt ist stört beide relativ wenig. Nur die härtesten kommen durch, nicht nur im Boxen.

Am 16. März geht es im Pfarrsaal St. Anton um den „Goldenen Handschuh „. Freuen wir uns auf eine „gesegnete “ Keilerei im Gotteshaus. Ob Albert Lukic auch die rechte Backe hinhalten wird ist allerdings fraglich.

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