«Ich bin immer aktiv»
Ich verkaufe den AUGUSTIN erst seit ungefähr einem Monat. Ich bin noch nicht ganz drinnen, aber es geht mir gut. Nur das Stehen ist leider schwierig, weil ich ein Beinproblem habe. Stammkund_innen habe ich noch nicht.
Seit drei Jahren bin ich in Pension. Vorher habe ich einiges gemacht, ich war bei Vereinen aktiv, habe bei LEFÖ gearbeitet (Anm.: Beratungstelle für Migrantinnen), und immer auch in der Arbeiterkammer. Ich war vier Jahre Kammerrätin und auch SPÖ-Mitglied. Ich wollte meine Erfahrungen teilen, hatte einige Anliegen und habe viel eingebracht, aber die Partei hat nur von mir genommen und nichts gemacht. Ich habe Mitgliedsbeitrag gezahlt, und als ich arbeitslos war, habe ich gesagt: Was tut ihr dafür? Nichts ist passiert. Also habe ich mich langsam zurückgezogen und war dann unabhängig.
Mitte der 1990er-Jahre habe ich meinen eigenen Verein gegründet, die Afrikanische Familienberatungsstelle. Jahrelang habe ich um Förderungen gekämpft, habe dann ein wenig Geld bekommen. Im WUK hatte ich ein Büro, das habe ich lange alleine finanziert. Den Verein gibt es zwar noch, aber ich habe jetzt kein Geld mehr dafür.
Politisch engagiert war ich immer. Das finde ich wichtig, denn in Österreich leiden die ehrlichen Leute oft. Ich habe den Leuten immer Hoffnung gegeben: Mach keine Dummheit, halte dich an die Gesetze, respektiere das Land, mach einen Deutschkurs. Aber es hat vielen nichts gebracht, es gibt Diskriminierung. Man hört es zwar an der Aussprache, wenn wir Deutsch sprechen, doch wir sprechen Deutsch. Aber wenn ich sage: Ich bin Österreicherin, dann höre ich: Du bist keine echte Österreicherin. Es gibt den täglichen Rassismus, darunter leide ich. Allein mein Name ist schon genug. Aber ich habe mir immer geschworen: Keine Schwierigkeiten werden mich in die Kriminalität bringen! Ich bin aufgewachsen als Christin und ich bleibe Christin. Ich bin auch alleinstehend, habe vier erwachsene Kinder. In diesem Land sind ärmere Menschen oft in einem Teufelskreis, aus dem kommst du nie raus. Wenn etwa das Einkommen von der ganzen Familie zusammengerechnet wird, auch der Kinder, für Beihilfen, das bringt Familien nicht zusammen, das bringt sie auseinander. Die Kinder denken dann, du nutzt sie aus. Die Wohnungen sind teuer, und wenn man über 60 Jahre alt ist, so wie ich, bekommt man auch keinen Job mehr.
Jetzt habe ich nur eine kleine Pension, das ist ein Hungerlohn, davon kann man kaum leben. Darum verkaufe ich auch den AUGUSTIN. Das ist nur wenig Geld, aber ich finde das Projekt sehr gut. Ich will nicht nur zuhause bleiben, ich bin immer aktiv. Ich will gerne arbeiten, am liebsten an einem Ort, wo die Leute froh sind und sich gegenseitig unterstützen.
Protokoll und Foto: Ruth Weismann