Bibliotick
Am 27. Mai 1905 schlägt 1.570 Schritte hinter dem Dorfrand von Kroatisch Minihof/Mjenovo im Mittelburgenland ein Meteorit ein. Blöd nur, dass 1905 das Mittelburgenland noch zu Ungarn gehört, weshalb der faustgroße, Millionen Jahre alte Stein in Budapest im Museum landet. Was Klaus Neubauer, den sympathischen jungen Mann vom Naturhistorischen Museum Wien, sehr wurmt. Weil er ahnt, dass die Minihofer_innen irgendwo noch einen Meteoritensplitter horten, mietet er sich kurzerhand im örtlichen Gasthaus Casa Palmira ein, das eine alte Remigrantin aus Amerika mit ihrem ebenso alten Minihofer Partner in wilder Ehe führt.
So eine Meteoritensplitterspionage wär für das sommerlich dösende Mjenovo eigentlich schon mehr als genug – und zwar viel mehr! –, aber noch dazu ist die Dorfschlaueste, Jelka, gar nicht da, um zu helfen. Die ist nämlich mit der Theatergruppe unterwegs ins italienische Brescello, um auf den Spuren von Don Camillo und Peppone zu wandeln.
Fans von Michaela Frühstücks erstem Roman, Teta Jelka überfährt ein Hendl, treffen zwischen Mittelburgenland und Emilia-Romagna eine Reihe von alten Bekannten wieder. Manche haben inzwischen Kinder bekommen, Amerika bereist oder sich frisch verliebt. Sonst scheinen sie nicht maßgeblich gealtert zu sein. Im Mittelpunkt des Geschehens reist, näht und grübelt diesmal Missis Karlovits, die Kostümbildnerin der Minihofer Don-Camillo-und-Peppone-Festspiele. Alle mögen sie – aber irgendwie weiß auch niemand so recht über sie Bescheid. Erst eine herzerwärmende Begegnung in Brescello bringt sie dazu, sich den schmerzenden Flecken in ihrer Biografie zu widmen … Wer Don Stipes Gedichtkunst («Manche lieben Bohnensterz / In andern pocht ein Künstlerherz») vermisst hat oder sich nach einem Dorfleben sehnt, in dem burgenlandkroatische Feministinnen die Überhand haben und in unterirdischen Geheimgängen Splittergruppen gegründet werden, kann mit Missis Karlovits den Po überfahren und sich dabei bestens unterhalten.
Michaela Frühstück:
Missis Karlovits überfährt den Po
edition lex liszt 2019, 256 Seiten,
17 Euro