Caruso – ein kleines Kulturcafé im 5tenDichter Innenteil

Brigitte, die Wirtin und Kurt, der Maler (Foto: Rudi Lehner)

Dieses Lokal ist schon lange mein zweites Wohnzimmer. Das liegt wohl auch daran, dass es nur fünf Gehminuten von meiner Wohnung entfernt ist. Das ist bequem, aber nicht der Grund, sich dort wohl zu fühlen. Ich bin eigentlich auf dem Land aufgewachsen, und seit ich in Wien lebe, war ich auf der Suche nach einem Stammlokal, in dem sich alle Gäste kennen, in dem man sich mit Freunden trifft und über alles reden kann. Im Caruso bin ich fündig geworden, habe dort schon sehr viele interessante Gespräche geführt.
Jedes Wiedersehen mit den Stammgästen ist ein Vergnügen. Ein Lokal ist so gut wie seine Wirtin, das ist meine Meinung. Mit Brigitte, besagter Chefin, verbindet mich eine jahrelange Freundschaft. Eine hübsche, lebenslustige Frau, die immer ein offenes Ohr hat für ihre Besucher, einfach gesagt, ein Mensch. Es ist ihr gelungen, dieses Kaffeehaus im «konservativen Stil» aufzubauen, sie hat aber auch den Mut, neue Wege in der Gastronomie zu gehen. Seit ein paar Monaten sind im gesamten Lokalbereich moderne Gemälde ausgestellt, gemalt von einem Stammgast, meinem guten Freund Kurt, von dem ich unbedingt noch einiges erzählen will. Ein kleines Café bei mir ums Eck als Gemäldegalerie! Im Umgang miteinander wurde immer schon Kultur gepflegt, aber jetzt kann ich mein Reservewohnzimmer tatsächlich Kulturcafé nennen.
Vom Sehen kenne ich Kurt schon sehr lange, vor zirka einem Jahr sind wir endlich ins Gespräch gekommen. Wir hatten vom ersten Moment an so viele gemeinsame Themen, dass wir unsere «Sitzungen» bei jedem Lokalbesuch fortgesetzt haben. Schließlich ist aus dieser Begegnung eine wunderbare Freundschaft entstanden. In den unzähligen Gesprächen habe ich dann auch von seinen künstlerischen Talenten erfahren. In Neulengbach aufgewachsen, hat Kurt bald einmal Wien und den Rest von Europa «erobert». Hauptsächlich hat er als Bühnentechniker gearbeitet und erste Versuche als bildender Künstler im Malen unternommen. Erste Versuche ist schwer untertrieben, Kurt konnte vom Malen über Jahre ganz gut leben. Warum er diesem Talent über 15 Jahre nicht mehr nachgegangen ist, entzieht sich meiner Kenntnis.
Viel interessanter für mich ist, dass mein Freund während dem zweiten Lockdown wieder zu malen begonnen hat. Eines Tages wurde ich im Caruso überrascht. Brigitte und Kurt hatten seine Werke ausgestellt, ich war absolut fasziniert! Im Lokal sind immer mindestens 15 Bilder ausgestellt, alle vier bis fünf Wochen werden diese ausgetauscht. Der Fleiß und die Kreativität sind also ungetrübt, das freut mich von Herzen. Jetzt habe ich so viel von meinem Freund preisgegeben, obwohl der Kurt es gar nicht liebt, im Mittelpunkt zu stehen.