Podcast: Jeannes Heldinnen
Musikerin Jeanne Drach nutzt ihre Stimme nicht nur zum Singen.
Sie hostet auch den «ersten österreichischen Podcast, der sich ausschließlich Frauen widmet». Warum sie Jeannes Heldinnen gestartet hat, und worum es dabei geht,
hat sie Ruth Weismann erzählt. Foto: Marija Jociūtė
Als Feministin «bekannt» zu werden sei nie ihr Ziel gewesen, aber nach einem Artikel, in dem sie sich über Interviewpartner, die sie nach Rendezvous oder ihren Piercings fragten, beschwert hatte, habe sie so viel Rückmeldung bekommen, dass sie plötzlich als Sprachrohr für Frauen galt. Das erzählt Hanna Herbst, stellvertretende Chefredakteurin von Vice und eine der bekanntesten Feministinnen des Landes, in Episode #7 von Jeannes Heldinnen.
Auch Jeanne Drach hat nicht direkt das Sprachrohr-Ziel, aber Frauen vorzustellen, die sie als Vorbilder sieht, ist definitiv ihr Anspruch. Und dafür verwendet sie eben, nun, Sprache. Nonchalant, auf den Punkt, natürlich, interessiert, informiert, lustig – viele Adjektive, aber so kommen die Gespräche nun mal rüber, die die extrovertierte Wienerin für ihren Podcast führt. 15 Episoden gibt es bislang, online jederzeit abrufbar. Jeannes Heldinnen sind Frauen allen Alters, aus allen möglichen Bereichen, mit denen sie in 25- bis 35-minütigen Gesprächen alle möglichen Themen bespricht: Berufliches, Inspirationen, alltägliches Leben, Feminismus, Träume, Wünsche, Erlebnisse. Eine Mischung aus geleitetem Interview und lockerer Konversation. FM4-Moderatorin und DJ Daliah Ahmed, Ex-Opernsängerin und Pornoregisseurin Adrineh Simonian, Vegan-Oriental-Kochbuchautorin Parvin Razavi, Kräuterpädagogin Marissa Cosma Vitelli und viele mehr waren schon dabei.
Heldinnen, die einen aufbauen.
Die Idee zum Podcast kam Jeanne Drach nach einer Weltreise, die sie mit ihrer Band Kids N Cats unternahm. «Wir sind ein Jahr lang durch die Welt getourt und haben in jedem Land ein Lied aufgenommen, in Kooperation mit Musiker_innen vor Ort. Das war toll, das Album 11 Tracks ist das Ergebnis. Aber nach dem Zurückkommen ging es mir nicht so gut, ich musste den Sinn im Leben wieder finden.» Durch Freunde, denen vor allem ihre radiotaugliche Stimme aufgefallen war, kam sie auf die Podcast-Idee und dachte zuerst ans Thema Tierethik, mit dem sie sich seit langem beschäftigt. «Aber eigentlich hatte ich Lust, nur mit Frauen zusammenzuarbeiten. Und weil ich nach dieser Reise ein bisschen in einem Loch war, brauchte ich selbst Heldinnen, die mich aufbauen.» Jeannes Heldinnen war geboren. «Es geht darum, Frauensolidarität zu promoten, und darum, Frauen Mut zu geben, Dinge einfach zu machen.» So einige Frauen würden sich manchmal zu wenig zutrauen, ist sie überzeugt. Doch wenn man etwas will, sollte man es versuchen. «Ich wusste auch nicht, wie man Podcasts macht, aber ich habe einfach begonnen. Natürlich mache ich Fehler, aber das ist ok. Man wird mit der Zeit besser. Es fällt mir jetzt zum Beispiel leichter, Fragen zu stellen und ich schneide inzwischen sehr schnell.» Die Haltung, sich zu trauen und gegenseitig Mut zu machen, hat sie knapp und knackig in den Eingangs-Jingle gepackt: «Darf ich das? Kann ich das? Mag ich! Mach ich!»
Zwischen 400 und 2000 Mal werden die einzelnen Podcasts, verfügbar auf ihrer Homepage, Soundcloud, iTunes und via RSS, von Hörer_innen geladen. Gegliedert in Staffeln zu je sechs Folgen, die alle zwei Wochen erscheinen, gibt es bislang 15 Episoden. Werbung hat Jeanne noch keine dafür gemacht, dass Interessierte darauf aufmerksam werden, funktioniert über Mundpropaganda, Social Media und, schön langsam, auch über Vernetzung in der Podcast-Szene, wo man sich gegenseitig empfiehlt. Geld verdienen geht damit jedenfalls nicht. Noch nicht. In den USA ist es üblich, dass Podcasts gesponsert werden, hierzulande ist die Praxis noch nicht so verbreitet. Allerdings: Auch Jeannes (Geld-)Job als Übersetzerin für Film-Untertitel hat mit ihrer Leidenschaft für Sound und Sprache zu tun. Jeannes Wunsch: irgendwann auch Frauen (und Männer) außerhalb ihrer eigenen Bubble zu erreichen. «Um tatsächliche Gleichberechtigung zu erreichen, müssen wir uns unterstützen», ist sie überzeugt.
Fuck it, let’s do it.
Ihre eigene feministische Einstellung wurde schon früh geprägt: «Ich wurde von meiner Tante sehr feministisch erzogen. Für sie war es immer wichtig, mir zu sagen, dass ich auch als Frau alles machen kann. Und dass es viele Frauen auf der Welt gibt, die keine Rechte haben. Meine Mutter erzählte mir später, dass ich mit vier oder fünf Jahren zu ihr sagte, die Frauen wären arm. Ich hatte das früh intus und fand auch das Wort Feministin immer toll.» Ein Vorbild also, von denen sich Jeanne auch gerne mehr gewünscht hätte. Auch, weil eine wie sie, die sich schon als Jugendliche nie den Mund verbieten ließ und gehänselt wurde, weil sie sich gerne «verrückt» anzog, sonst wenige fand. Förderlich waren diese Erfahrungen allerdings für ihre «Fuck it, let’s do it»-Haltung, wie sie erzählt.
Sieht sie sich eigentlich selbst als Heldin? Jeanne lacht. «Ich habe immer Angst, dass ich das gefragt werde», sagt sie. Denn diese Frage stellt sie jeder Gesprächspartnerin am Ende einer Episode. Dazu erklärt sie stets, dass eine Freundin ihr gesagt habe, sie könne das nicht fragen, da man die Person damit in eine schwierige Lage bringe, niemand wolle sich selbst so ein Label geben. «Nun gut, ich muss also sagen: Ja. Alltagsheldin. Ich will schon einen Beitrag leisten, ich mache das noch nicht genug, aber ich möchte die Welt ein bisschen fairer machen. Das Wort Held ist natürlich schwierig, aber Heldin ist schon anders. Ich finde auch, man kann ältere Begriffe nehmen, wiederaneignen und mit neuer Bedeutung füllen. Und man sollte selbst mehr zugeben, dass man cool und toll ist als Frau.»
Ihre persönlichen Heldinnen reichen von Jeanne d’Arc über Simone de Beauvoir bis hin zu Tic Tac Toe und Buffy the Vampire Slayer. Und vor allem: «Meine Mutter». Konsequenterweise ist diese als Jeannes Jubiläums-Heldin ab 17. August im Podcast zu hören. Denn dann wird Jeannes Heldinnen genau ein Jahr alt!
Jeannes Heldinnen≠ ist als Podcast abruf- und downloadbar:
www.jeannedrach.com