Da draussen wartet niemand auf so einen wie michDichter Innenteil

Ich bin ein 59jähriger Exhäftling, der im Februar bedingt entlassen wurde. Meine Strafe hätte noch 18 Monate gedauert, insgesamt waren es fünf Jahre. Ich habe dabei zwei Weisungen bekommen, die ich einhalten muss. Die eine lautet, dass ich bei der Heilsarmee wohnen soll, da ich mir sonst keine andere Wohnmöglichkeit besorgen konnte. Aus finanziellen Gründen. Die andere: ich muss eine Alkoholtherapie während der drei Bewährungsjahre absolvieren.

Das Lustige daran, keiner weiß, wie ich zu diesen Ehren gekommen bin, denn ich bin seit 40 Jahren überzeugter praktizierender absoluter Antialkoholiker. Aber diese Weisung habe ich mittels meines Bewährungshelfers dahingehend ändern lassen können, dass ich mich gerne einer Psychotherapie unterziehe, da ich sicher Hilfe brauche, um mit meinen Problemen des Alltags klar zu kommen und nicht mehr straffällig zu werden. Die Therapie mache ich jetzt schon seit mehreren Monaten.

Während der Haft ist man ja arbeitslosenversichert. Allerdings nur mit einem Minibeitrag, bei der Quoteneinstufung wirkt sich das dann sehr stark aus. Mein Tagessatz beträgt 16,98 Euro.

Meine Wohnsituation sieht so aus, dass ich in einer so genannten Betreuten Wohnung der Heilsarmee untergekommen bin. Dabei handelt es sich um eine 65 Quadratmeter große Wohnung mit drei kleinen Zimmern für die Bewohner, jedes ca. sechs bis acht Quadratmeter groß, ein großes gemeinschaftliches Wohnzimmer, Miniküche sowie Bad-WC und drei kleine Vorräume zu den diversen Zimmern.

Bezahlen muss man dafür wie folgt: Miete 184,52, Strom 9,34, Heizung 43,50 sowie 40 Euro Ansparen für den Zeitpunkt, an dem man eine Gemeindewohnung zugewiesen bekommt, was aber frühestens nach einer Wartezeit von zwei Jahren der Fall ist, da man diese Zeit in Wien gemeldet sein muss, um einen Anspruch darauf zu haben. Ich war ja die letzten 20 Jahre in NÖ gemeldet. Zusammen macht das 277,36 Euro. Jetzt bezahle ich noch 150 Alimente dazu, macht zusammen 427,36 Euro. Bei einem Monat mit 30 Tagen bekomme ich 509,40 vom AMS. Bleiben 82,04. Vom Sozialamt habe ich gestern für 3 Monate 419,90 Unterstützung bekommen, das sind pro Monat rund 140 Euro. Bleiben mir zum Leben pro Monat 222 Euro. Jetzt fahre ich jede Woche zur Therapie in den zweiten Bezirk (zu Fuß schaffe ich das leider nicht, und Monatskarte kann ich mir nicht leisten) – macht im Monat 12 Euro Fahrtkosten, bleiben nur noch 210 Euro.

In allem korrekt sein und überleben wie geht das mit diesem Geld?

Wie ich da auf ehrliche Art durchkommen soll, ist mir noch schleierhaft. Ich frage mich ja nur, was ist mit diesen Gesetzen über den Mindestlebensstandard, wo festgelegt wurde, wie viel man mindestens braucht, um auch menschenwürdig ÜBERLEBEN zu können. Geld für irgendwelche Anschaffungen bleibt da nicht über, ich weiß ja nicht mal, ob ich es trotz allen Sparens überhaupt schaffe, mit diesen Mitteln auszukommen. Ich kaufe sehr, sehr preisbewusst ein (was anderes bleibt mir ja gar nicht über). Ich studiere alle Werbefolder, wo es was am billigsten gibt, beim Spar um die Ecke bin ich Stammgast bei der Vitrine, wo die am nächsten Tag abgelaufenen Lebensmittel um 50% billiger abgegeben werden. Da ich leider auch noch Raucher bin und es einfach nicht schaffe, aufzuhören, ist die finanzielle Situation schlichtweg eine Katastrophe. Aber ich spare auch hier, denn ich kaufe nur den billigsten Tabak und stopfe mir die Zigaretten selber.

Seit gestern Nachmittag bin ich einfach nur noch tief verzweifelt und ich weiß einfach nicht, wie es weitergehen soll. Ich will ja ehrlich leben, und ich will vor allem nicht mehr in den Knast, weil ich das nervlich nicht aushalte. Habe vor meiner E­ntlassung in der Haft bereits zwei sehr schwere Selbstmordversuche gehabt, die leider gescheitert sind, obwohl die Tablettendosis enorm hoch war. Die Gründe dafür waren einfach, mir war klar, dass da draußen niemand auf so einen wie mich wartet und dass es sehr schwierig wird, was sich ja nun auch voll bestätigt. Aber irgendwie hat es doch nicht gereicht. Der da oben will mich anscheinend auch noch nicht haben. Dabei will ich doch nur überleben!

Die Arbeitssituation sieht auch mies aus. Mit 59 nimmt dich doch keiner mehr, außerdem habe ich rund 20 Jahre Gefängnis hinter mir, wenn du das einem Firmenchef sagst, bist du sowieso unten durch.

Suche geringfügige Anstellung

Gesundheitlich geht es mir auch nicht so besonders, neben schweren Depressionen habe ich auch ein langjähriges Bandscheibenleiden, eine Arbeit mit viel Bücken ist unmöglich. Ich könnte höchstens eine sitzende Tätigkeit ausüben, aber was gibt es da schon? Ich bin zwar handwerklich ein ziemlich guter Allrounder, aber mit diesem Rücken ist das schon fast unmöglich. Eventuell irgendetwas mit Computer: wenn ich etwas nicht kann, so lerne ich es bei vernünftiger Erklärung sehr schnell, und ich bin willig. Eine andere Möglichkeit wäre vielleicht irgendein Telefondienst oder auch etwas montieren oder zusammenbauen.

Als ich vor dieser letzten Haft in Freiheit war, war ich insgesamt 14 Jahre Vorarbeiter und in Folge stellvertretender Betriebsleiter in einem Sozialprojekt, wo wir Wohnungsräumungen und ähnliches gemacht haben. Habe große Erfahrung in praktischen Dingen, eine der Haupttätigkeiten war die eines Arbeitsanleiters, um den Hilfesuchenden beizubringen, wie man etwas macht, und vor allem das man es auch gut und verlässlich macht.

Helfen würde mir ja schon ein Job nach dem Geringfügigen-Modus, wenn ich da die mögliche Summe von 320 Euro dazuverdienen könnte, wäre mir enorm geholfen. Denn ich bin Realist genug, um zu wissen, dass es mit einer Vollbeschäftigung nichts mehr wird. Aber wie findet man so etwas? Ich habe schon diverse Firmen angesprochen, aber es ist nichts frei, wenn man hört von wo ich komme, und verheimlichen will ich es aber auch nicht, denn das könnte mir auf die eine oder andere Art vielleicht auf den Kopf fallen. Teure Inserate kann ich mir ja auch nicht leisten.

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