The Ghost And The Machine sorgten als Duo und Trio für schöne Musik. Im Herbst 2021 kommt Neues. Künstlerisch weiter federführend: Andreas Lechner, Sänger und Gitarrist.
Tatsächlich zeitigte die Begeisterung für The Ghost And The Machine als Live-Act einst in Ausgabe 414, Mai 2016, einen mehr als dezent euphorisierten Artikel. Hineingestolpert in ein Konzert des Duos Andreas Lechner und Heidi Fial (Kontrabass) im Rahmen einer Veranstaltung mit dem schönen Titel Delta Punk im Fluc, sah der textende Musikarbeiter wieder einmal das gleißende Licht einer wirklich, wirklich leiwanden Musik. Und nette, gescheite Menschen dazu!
Nische und Mainstream
Über ein halbes Jahrzehnt später ist sehr vieles anders. The Ghost And The Machine veröffentlichten seither unter anderem zwei Alben, 2016 das gleichnamige Debüt beim verdienstvollen Label Lili Records und 2018 Red Rain Tires bei der nicht minder verdienstvollen Adresse Noise Appeal. Dazu Singles, Videos, Konzerte, allesamt überaus wertschätzend und wohlwollend wahrgenommen von überschaubaren aufmerksameren Medien und informiertem Publikum, das (seine) Musik ein wenig spezieller hört und hören will. Von «Americana» war im Zusammenhang damit immer gern die Rede, weil Andi bis heute Resonator-Gitarre und gelegentlich Banjo spielt, und die gesungene Sprache ein Englisch ist, dem die Prärie (und sei es jene einer beliebigen Großstadt) näher schien/scheint als Oxford. In der Lebenswirklichkeit der Beteiligten auf jenem Level, auf dem so viel Wichtiges passiert, was hierzulande diesbezüglich passiert – kann mensch machen, will mensch machen, das Geld für den Lebensunterhalt wird sowieso anderswo verdient. Vielleicht deswegen muss und wird niemand so etwas genauso für immer machen. Weil das Stück Freiheit, das mensch unter solchen Umständen hat, die vielbeschworene künstlerische ist. Herauszufinden, auszuprobieren, was mensch denn wirklich spielen und sagen will oder kann, Musik zu machen, die vorerst einmal und vor allem anderen in die Resonanz mit den eigenen Ansprüchen und Bedürfnissen geht. So veröffentlicht Heidi Fial mit ihrem Trio Kontrapunk im August bei Konkord das Album A Motion Picture. Andi wiederum bereitet den Release von gleich zwei Alben vor und schickte mit neuem Label und Management Partner Fullmax Recordings/Daniel Pepl einige frische Songs samt schönen Bewegtbildern vor. Zuletzt das wunderbare 20 Miles High, mit erfrischendem Pop-Appeal.
Alice in Contraland I und II
«Irgendwer siacht a Resonator-Gitarre, und sofort hast du eigentlich dieses Marlboro-Man-Image», reflektiert Andi Lechner im Gespräch das Dilemma, als etwas wahrgenommen zu werden, das er nicht ist oder sein will. Lechner ist ein hervorragender, reflektierter Musiker, der als solcher viel andere Musik hört und wahrnimmt, in Kontext zum eigenen Tun setzt, ein belesener Mensch, der Freude am Formulieren und (auch) Großdenken versus Gewohnheitsgrundeln hat. Der hoch motiviert wirkt, seine Musik noch einmal neu an die Menschen, zu den Menschen zu bringen. Dabei ist eines der
Alben eine, sozusagen, pure Form, Stimme, Gitarre, Banjo, das zweite das Ergebnis einer «elektronischen Jamsession» mit Pepl, der auch selbst Musiker/Produzent ist, (aus)produzierte Versionen desselben Ausgangsmaterials. Nicht zuletzt als ein komplexes Statement darüber, was ihre Inszenierung mit Musik macht und zu tun hat. Gar nicht denkfaul wurde zu The Ghost And The Machine Neu im Juli dazu per OTS/Presseaussendung vorab ein eigenes Genre lanciert: «Dark
Academia Pop». In einer Unkultur des zunehmend auf die Spitze getriebenen Mangel-Mittelmaßes und der intellektuellen Kapitulation, dass Kultur(sommer) auf der Werbetrommel ausschließlich zur «Entspannung» dient, lacht mir als poptheoretisch geschultem Punk ob dieser Aktion das Herz. Noch lauter, weil vertrottelte Medien so etwas 1:1 übernehmen – kein Wunder, dass wir diese Regierung haben, Behauptungen tragen hierzulande unhinterfragt weit und lang. Was umso mehr wünschen lässt, dass diese Übung gelingt, Andi Lechner zum King of Dark Academia Pop aufsteigt. Akademisch
geschulter, differenzierungsfähiger Intellektualismus, der nicht automatisch alles in der einfachsten, flachsten Sprache sagt, in geiler, sinnlicher, komplexer Musik als Pop – I’m in!
The Ghost And The Machine:
Alice In Contraland
Part 1 & Part 2
Fullmax Recordings
www.the-ghost-and-the-machine.com