Zu Zeiten der schwarzblauen Koalition war das ein beliebter Sager: «Am Ende des Tages …» Der ehemalige Finanzminister Grasser verwies ebenso wie der damalige Schweigekanzler Schüssel und in der Folge viele andere Polit-Groß- oder Kleinmäuler auf das Ende aller Tage, an dem sich – ja was, ein Wunder ereignen würde?Am Ende des Tages erleben wir das blaue Wunder: Viele dieser politischen Endzeitköpfe befinden sich im komfortablen Ruhestand, manche auf der Anklagebank, und es zeigt sich das Chaos, das hinterlassen wurde: Hypo-Alpe-Adria, prekäre Arbeitsplätze, steigende Armut bei steigendem Reichtum und vieles, was den Abgang der Systemerhalter_innen, welcher Farbkombination auch immer, rechtfertigen würde.
Am Ende des Tages starb meine demenzkranke Mutter. Ich hatte sie zuvor jahrelang gepflegt. Die Protokolle dieser Intensivbetreuung hatte ich erstmals hier im Augustin und später in einem Buch («Alter Vogel, flieg!») veröffentlicht. Auch wenn das Thema Care-Arbeit heute breiter diskutiert wird, am Ende des Tages zeigt sich: Zwei Drittel aller unbezahlten Arbeit leisten nach wie vor Frauen. Am Ende des Tages, als meine Mutter in ein Pflegeheim gehen musste, hatte sie ihr mühsam erspartes Geld aufgebraucht: Für drei Monate außerhäusliche Betreuung wurden 12.000 Euro verrechnet. Ich selbst habe für die fast fünfjährige Pflege außer der Dankbarkeit meiner Mutter nichts bekommen.
Im Juni hat der Nationalrat für die Abschaffung des Pflegeregresses gestimmt. Ab kommendem Jahr ist es den Ländern untersagt, auf das Vermögen von Personen, die stationär betreut werden, zurückzugreifen. Gleiches gilt für das Vermögen von Angehörigen und Erb_innen. Im Gegenzug erhalten die Länder jährlich 100 Millionen Euro zusätzlich über den Pflegefonds. Am Ende des Tages zeigt sich, dass dieses Geld nicht ausreichen wird. Es wird zu einem Ansturm auf Pflegeeinrichtungen kommen, wahrscheinlich bleiben die Länder auf den Kosten sitzen. Entweder wird bei anderen Sozialleistungen eingespart – oder die Pflege wird, wie gehabt, am Ende des Tages in Frauenhand gelegt, unentgeltlich.