LET’S CEE Filmfestival
Filme aus Zentral- und Osteuropa sowie der Kaukasus-Region und der Türkei gibt’s im April zu sehen – beim LET’S CEE Filmfestival in Wien. Christian Egger hat vorab schon mal reingeschaut.
Foto: The White World According to Daliborek
Gefährlich gute Filme – der diesjährige Titel verspricht schon einiges. Bereits zum sechsten Mal findet das von Magdalena Żelasko und Wolfgang P. Schwelle geleitete Filmfestival LET’S CEE statt. Und ist noch größer als bisher. Trotz zum Teil empfindlicher Subventionseinbußen konnte das Programm auf rund 155 Filme aus 25 der 26 Ländern des CEE-Raums (kurz für Central-Eastern-Europe) erweitert werden.
Der diesjährige Eröffnungsfilm November stammt vom estnischen Regisseur Rainer Sarnett. Dabei handelt es sich um eine cineastisch feinfühlige, surreale, märchenhafte Adaption von Andrus Kivirähks Erfolgsroman Rehepapp ehk November, der mit schwarzem Humor und besonderer Empathie mit der Schönheit im Elend an eine Zeit gemahnt, in der Aberglaube, Angst vor der Pest und Gier das Leben prägte. Weitere Höhepunkte zeichnen sich mit dem preisgekrönten Regiedebut How Viktor «The Garlic» took Alexey «The Stud» to the Nursing Home des russischen Regisseurs Alexander Hant ab: ein satirisches Hochgeschwindigkeits-Vater-und-Sohn-Road-Movie in stilistischer Verwandtschaft zu Genregrößen wie Tarantino oder Danny Boyle, das in einer mit schockierenden Enthüllungen, medizinischen Notfällen, peinlichen Wiedervereinigungen mit alten Lieben und tödlichen Zusammenstößen mit ehemaligen Gefängniskameraden gespickten Fahrt in das weite Hinterland des Russlands der Gegenwart führt.
Dokumentarisch.
«Gefährlich gut» und zutiefst tragisch-komisch auch The White World According to Daliborek von Vit Klusák, der das traurige Leben eines 40-jährigen Neonazis im österreichischen Nachbarland Slowakei dokumentiert. Das Lachen über die abstrusen Ansichten des Mannes fielen einem leichter, wären die hier zu Tage tretenden extremen hetzerischen Ansichten und irrwegigen Schreie nach Liebe nur vereinzelte Hassstimmen einer kleinen Parallelgesellschaft und nicht Zeichen von zunehmend auch (regierungs)politisch Einfluss nehmenden Kräften.
In The Trial: The State of Russia vs Oleg Sentsov geht Regisseur Askold Kurov den Hintergründen des wegen «Terrorismus» zu 20 Jahren Haft verurteilten Filmregisseurs und Maidan-Aktivisten Oleg Sentsov nach und recherchiert filmisch, inwieweit in diesem Schauprozess Belastungszeugen unter Druck gesetzt wurden, und weiter, wie sich Untersuchungshaft, der Prozess, aber auch die anhaltende Solidarität und anhaltenden Freilassungsforderungen internationaler Filmschaffender auf den Beschuldigten und dessen Familie auswirken. Mit No Place for Tears der Regisseurin Reyan Tuvi kommt eine weitere sehenswerte Dokumentarbeit ins Festivalkino. Mit Aufnahmen aus der vom IS belagerten kurdische Stadt Kobane und der mühevollen, unter unerbittlichem Kampf errungenen Rückeroberung durch die kurdischen YPG gelingt Reyan Tuvi ein Mahnmal von Film, der das Bangen und Hoffen, die Solidarität der Menschen vor Ort mit den Flüchtenden und Kämpfenden und ihren unbändigen Willen, nicht aufzugeben, einfängt.
Viele Filme des Festivals versprechen, dringend notwendige Erweiterungen der durch populistische Berichterstattung und mediale Verkürzungen eingeschränkten Sichtweisen zu ermöglichen. Sie zeigen das anhaltende Potenzial von Film als kritisches, wichtiges und natürlich auch unterhaltendes Instrumentarium zur Vermittlung anderer Bilder und Informationen.
Schwerpunkte setzt das Festival mit Präsentationen von Filmen aus den Ländern Polen, Ungarn und Slowenien, bereits eingeführte Wettbewerbe in den Sparten Dokumentar- und Kurzfilm, Retrospektiven, sowie neue Reihen wie Hollywood goes CEE, eine Leistungsschau des österreichischen Kinos sowie frei zugängliche Aufführungen von Kurzfilmen im Virtual Reality Format im Village Cinema Wien Mitte. Mit dabei ist übrigens auch der AUGUSTIN – als Medienkooperationspartner.
LET’S CEE- Filmfestival
13.–22. April, Wien
Kinos: Actor’s Studio, Artis International, Urania, Village Cinema Wien Mitte, Breitenseer Lichtspiele
www.letsceefilmfestival.com