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Musikarbeiter unterwegs … in die Wiener Hip-Hop-Szene

Lady Ill-Ya – so nennt sich eine jungen Rapperin und ­Hip-Hop-Aktivistin, die mit Wirklichkeitssinn, Energie und Können besticht. Von Rainer Krispel (Text) und Mario Lang (Foto).

Verweint aus Linz zurück, vom Harald-Renner-Platz, ist der Blick trüb und klar zugleich. Ich schaue die Festwochen-Eröffnung nach, parteiisch, liebevoll und kritisch. Wien brät gern im eigenen Saft, dieses permanente Museum seiner selbst. Aber die Klassiker geraten mitunter doch richtig, richtig gut und überraschen, nein, begeistern, nicht nur im Detail, wenn jemand beherzt in die vermeintlich gejausneten Standards akut Hirn, Haltung und Mut investiert. Das Aufgeführte kann nichts dafür, dass die Wiener und A-land-Medienlandschaft Beton ist – gelten ihr Blümel und Kurz etwa als «Politiker», diese Handels- und Kapitalvertreter – und sich im konkreten Fall noch immer daran abpublizieren muss, dass das Wienerlied angeblich wieder leben tät. Geschenkt! Schon holt ein in dieser Form einmaliger Verband von Musiker_innen den ­Ambros, der in den 1970ern dem Dylan seine Lieder nach Wien eingeladen hat, auf den heurigen Rathausplatz, und EsRAP (Enes und Esra crowdfunden übrigens gerade ein Album) zeigt, dass zum existenziellen Allan wie a Sta Menschen aus der türkischen Community natürlich etwas einfällt. Gerade wenn deren Musikkultur of choice Hip-Hop ist, aber hallo! Esra(p) als Aktivposten der entsprechenden Szene ist unten (Hip-Hop-Sprech für «positiv verbunden sein») mit Femme DMC und dem Gürtel Squad (mit monatlichem Abend im Gürtellokal Rhiz). Initiativen, die Hip-Hop von Frauen und aktuellen Hip-Hop überhaupt, «in Zeiten des politischen und gesellschaftlichen Rechtsrucks», sichtbar machen. Da wie dort aktiv: Lady Ill-Ya aka Samy.

Ich rap.

«Ich rap, schreib meine Meinung auf Papier/lass meinen Kopf frei und verlier mich in dem Traum meiner Begierde/ich rap, hab’ Spaß und eifer danach weiter/mein therapeutischer Begleiter/der meinen Horizont erweitert/ich rap, um meine Stimme zu erheben/will meiner Welt was wiedergeben/und zum Denken anregen/ich rap, lass alles raus bis zum Applaus/will, dass ihr alle auf mich schaut/und zu dem Beat abgeht und bounced.»

Das ist ein Auszug aus einem ihrer Texte, die mir die 1994 geborene Simone ­Carreno wenige Tage nach unserem Interview schickt. Auf 10 bis 15 Tracks kann sie bei Live-Auftritten zurückgreifen, den Beat, die Musik dazu produziert Gee-Luc. Einer dieser Tracks, Bevor ich rappte, ist auf YouTube zu finden, eine scharfe Absage an alle Rapper_innen, die das Genre nur nutzen, um sich als cool, stark und gefährlich zu inszenieren. Wurde dieses Stück noch als Samy veröffentlicht, Simones klassischem Spitznamen, agiert sie nunmehr als Lady Ill-Ya. Der klingende Name Resultat eines freien «Herumphantasierens mit meinem Mädels» und gleichzeitig der nächste Schritt einer immer bewussteren Positionierung als Hip-Hop-Künstlerin. Am Anfang stand dabei die Begeisterung für «90er-Musik, R & B, schon mit Rap-Influence». Der Begegnung mit Freund_innen, die Hip-Hop machten, folgten das Schreiben eigener Texte, «das Lernen, diese zum Beat, zum Takt, zu formen», der Schritt ans Mikro, und schließlich jener auf die Bühne. Wo sie verhandelt, «was jetzt Sache ist», sie unmittelbar betrifft, auf Deutsch. «Die Sprache fühle ich einfach, mit ihr kann ich mich am besten ausdrücken.» Spricht sich damit für einen empathischen Individualismus aus, «sich selbst treu zu bleiben und nicht mit der Masse mitzuschwimmen», etwa im Stück Marionetten.

Bau mich selber auf.

Mit Gründerin Dacid Go8lin, DJane CounTessa und Vjane ­Mjane ist Lady Ill-Ya als Femme DMC organisiert. Wo Aktivistinnen die vier Elemente des Hip-Hop abdeckend, Breakdance, Graffiti/Visuals, DJing und Rap, dabei unkompliziert ansprechbar und unterstützend für andere Frauen, die sich in Hip-Hop einfach einmal versuchen wollen. Was angenommen wird – «es ist noch keine Welle, aber jetzt mit der Zeit wird die Frauenszene immer größer» – und wurde. Bei allem Engagement und unprätentiöser Sozialkritik kommt dabei die Party nicht zu kurz, sagt Lady Ill-Ya, die im 3. Bezirk aufgewachsen ist und mit abgeschlossener Lehre im Verkauf tätig ist, als sie über die Abende von Femme DMC und Gürtel Squad erzählt. Gebounced wird dabei bis in die frühen Morgenstunden, kollektives Feiern schafft dabei Verbundenheiten, die soziale Netzwerke nie ersetzen können. «Ich schalt das total ab, was virtuell passiert, ist mir so etwas von egal», formuliert Lady Ill-Ya eine erfrischende Position. Und arbeitet an ihrem ganz reellen Hip-Hop weiter, demnächst womöglich mit erster eigenen Single. «Ich bin an nichts und niemanden gebunden/hab’ meinen wahren Weg für mich gefunden/meine Berufung – und jetzt gusch du!»

 

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