Das Darke wirft LichtArtistin

… unter der Erde im 1. Bezirk

Surface! So heißt das neue Album des Duos Petra und der Wolf. Eine Wucht!
Text: Rainer Krispel, Foto: Mario Lang

Während ein gewisser Virus sich als Krankheit von Regierung, Medien und willig manipulierbarer Öffentlichkeit manifestiert, hallen im Musikarbeiter ein Gespräch mit drei Stimmen der Gesangskapelle Hermann, der festliche, inhaltlich scharfe Abend zur 500. Ausgabe dieser wunderbaren Zeitung und die Weltpremiere des ­Nikola Zarić Quintett nach. Dieses spielte mit Emptiness ein berührendes Stück, das sich mit dunklen Befindlichkeiten befasste. Sich über diese erhob, wie es Musik eben vermag. Bedürftigkeit. Leere. Mangel. Abwesenheit. Oft erschlagen sie mich, wohl uns alle. «One two three four / What is the score? The aim is very high / No way to do it slow / Komme nie zu spät / Tomorrow is too late», singt Petra Schrenzer zu ihrer Gitarre und beginnt dabei mit den Drums von Aurora Hackl Timón einen Sog zu entwickeln, der einen vom Opener The Wheel bis zum abschließenden Machine Made des mit Wolfgang Schlögl produzierten Neun-Song-Albums immer weiter in dieses hineinzieht.

Where I Start Is Where I End.

Die Musikarbeiter steigen hinab in den Proberaum von Petra und der Wolf im 1. Bezirk, wo diese in kompakter räumlicher Situation – knapp ist Platz für zwei Drum-Sets, gibt doch Aurora hier auch Unterricht – ihre Musik erarbeiten. Wir setzten uns auf die Couch, auf die die Musikerinnen beim Entwickeln der Songs Freund_innen zum Hören einluden, um sich Feedback zu holen. Was den selbsterklärten Tüftlerinnen half, zu den endgültigen Versionen ihrer neuen Nummern zu gelangen. Sechs Jahre nach dem ersten Album Chlorine (eingespielt mit Bassistin Martina Stranger, heute bei Viech, die einige Zeit in der Band war, bevor ­Petra und Aurora zur Duo-Energie und Arbeitsweise zurückwollten) war der Anspruch hoch. Ein Prozess von Verdichten (der Musik) und Aufmachen (weg vom D.I.Y., das Veröffentlichen auf einem anderen Label, Siluh Records – das Duo hat die feministische Plattform ­Unrecords mitbegründet, dessen Logo selbstverständlich auf Surface! prangt –, die Arbeit mit Produzent Schlögl, Aufnehmen im Linzer Goon Studio …) zugleich führte zu einem beeindruckenden Ergebnis. «Wir haben jetzt etwas gefunden, da können wir bleiben.»

Colourful, strong, no wrong.

Begonnen hat die Geschichte von Petra und der Wolf, als Petra Schrenzer für ihr Soloprojekt eine Drummerin suchte. Freund_innen verkuppelten sie diesbezüglich mit Aurora. Diese datiert das Geschehen «vor elfeinhalb Jahren». Das passte rasch energetisch und künstlerisch – bis heute. Gemeinsam entwickeln sie die Musik, bei Konzerten sitzen die Musikerinnen sich gegenüber und erzeugen einen wuchtigen, ja, mächtigen und mitreißenden Sound. Auf dem Album wurde mit Bariton-Gitarre und anderen Mitteln erfolgreich versucht, der Musik mehr Bass mitzugeben, live wird Petra in Zukunft mit den Füßen ein Basspedal bedienen. Die Musik beschreiben sie als «dark» (Aurora: «Ich bin die Darkpolizei!»), sehen diese mit ­Surface! (Auftauchen!) gleichzeitig an einem «Popzenit» angekommen. Die Texte entstehen nach der Musik, diesmal ein Monat vor den Aufnahmen. Dabei spricht das Duo darüber, was die jeweiligen fertigen Stücke bei ihnen auslösen, Petra hat von diesen Notizen ausgehend, «free writend» und mit einer Lust an billigen Reimen, die Lyrics geschrieben. Auf Englisch, die für sie selbstverständliche Sprache ihrer Hörgewohnheiten und ihres Singens, dabei flicht sie immer wieder deutsche Zeilen ein. Flies titulieren Petra und der Wolf als «Lohnarbeits-Song», wobei Petra nach Arbeit am Theater wieder auf der Suche ist, wie Wohnen und Essen zu finanzieren, Aurora lebt von Arbeit mit Musik, in verschiedenen Feldern. Als sparsame Band haben sie förderungslos (nicht nur von den mangelnden Begründungen der Ablehnung durch Musikfonds und SKE enttäuscht) die gesamte Produktion finanziell gestemmt. Siluh Records, wo sie sich wegen Genderparität des Label-Rosters und politisch wohlfühlen, finanziert die Pressung vor. Das «Darke», von dem sie sprechen, kommt als eine Musik an, die in der Tradition fordernder, avancierter (Post-)Rock/Core-Musik steht. Das ist ein Dialekt, den ich schon immer liebe, Petra und der Wolf sprechen ihn auf ganz eigene Weise, bringen Darkes zum hellen Leuchten. «Call off your masterpiece / and kick the lion gently in his gut.» (Just For Kings)

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