Das FremdenzimmerDichter Innenteil

Aus der KulturPASSage

Das Theater in der Josefstadt bringt Peter Turrinis neueste Produktion «Fremdenzimmer». Ein Dreipersonenstück über die österreichische Seele, die er bestens kennt.

Foto: (c) Herbert Neubauer

Gustl und Herta wohnen in einem Gemeindebau, ebenerdig, wo man nur den Innenhof vor Augen hat und die Sonne nie hereinscheint. Das Paar hat sich längst auseinandergelebt, sie sprechen nicht miteinander, höchstens wenn sie sich streiten. Herta hofft noch immer, dass ihr Sohn zurückkommt, der mit 17 Jahren verschwunden ist. Als sie vor 20 Jahren Gustl kennenlernte, den sie nicht liebt, zieht sie nur unter der Bedingung ein, dass das Kabinett, quasi als Fremdenzimmer, leer bleibt. Beide sind schon in Pension. Gustl spielt den ganzen Tag mit seinem Modellflugzeug, das nicht funktioniert. Herta singt und tanzt, trinkt und geht oft ins Admiral, um zu spielen. Eines Tages steht ein junger Mann in ihrer Wohnung, Herta glaubt, ihr Sohn sei zurückgekommen, bis sie merkt, es ist ein Syrer. Gustl ist ein Rassist und will ihn rausschmeißen, doch Herta setzt sich durch. Gustl ist typisch für viele Menschen heutzutage. Und die jetzige Regierung schürt den Hass und die Hetze auf die Ausländer_innen, die flüchten, weil in ihrem Land Krieg ist und sie alles verloren haben. Zum Schluss hat Gustl eingesehen, wie die Wirklichkeit ist und setzt sich für Samir sogar ein, damit er nicht abgeschoben wird, er versteht jetzt, was es heißt zu fliehen.

Ich wünsche mir, dass es mehr Gustl gibt, die ihren Hass ins Gute umkehren. Auch unsere Politiker_innen sollen einmal nach Syrien oder Afghanistan reisen und sich die zerbombten Häuser und Städte ansehen. Vielleicht ändern sie dann ihre Meinung und zeigen Menschlichkeit gegen Flüchtlinge, aber ich befürchte, dass es noch viel schlimmer wird.

Gustl kann Herta besser verstehen und sie finden wieder zusammen. Herta ist endlich wieder glücklich. Mehr will ich nicht verraten. Einige Szenen sind auch zum Lachen, leider ist das aber die Wahrheit – es gibt viel zu viele Paare, die einander so behandeln wie Gustl und Herta am Anfang des Stücks.

Die Aufführung war grandios. Regie führte Herbert Föttinger. Ich war bei den Anfangsszenen, die ziemlich kurz waren, etwas verstört, weil es auf der Bühne fast finster war und im Kreis flimmernde Lichter blinkten, aber man gewöhnt sich daran, die Szenen wurden länger und das Geschehen wurde immer spannender. Die Schauspielerin Ulli Maier (Herta) war fantastisch, sie sang abwechselnd Abba-Lieder und ein altes Kärntnerlied, ihre Bühnenpräsenz spürte man die ganze Zeit. Erwin Steinhauer (Gustl) war wie immer genial, Tamim Fattal (Samir) hatte zum größten Teil eine stumme Rolle, er war trotzdem sehr beeindruckend. Fremdenzimmer ist ein Stück, das ich für alle Leser_innen empfehle.

Wir waren schwer begeistert. Danke, Peter Turrini für diesen Abend und dass du für die ganze Augustin-Theatergruppe Karten ermöglicht hast.

P. S.: Eine erfreuliche Nachricht für Theaterfans, die einen Kulturpass besitzen: Er gilt jetzt auch fürs Theater in der Josefstadt und für die Volksoper.

Die Aktion «Hunger auf Kunst & Kultur» ermöglicht Menschen, die finanziell weniger gut gestellt sind, mittels Kulturpass Kulturveranstaltungen und Kultureinrichtungen bei freiem Eintritt zu besuchen.

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