In Währing steht eine Villa, und die Villa gehört der öffentlichen Hand. Lange war sie der Öffentlichkeit auch zugänglich. Jetzt mehren sich die Anzeichen dafür, dass Wohnungen darin entstehen sollen – und zwar «keine billigen».
Text: Christof Mackinger
Illustration: Much
«Noch ist alles offen», lässt Lucia Malfent, die Pressesprecherin der ARE, am Telefon wissen. Die Villa Schapira, von deren weiterer Nutzung die Rede ist, befindet sich im Besitz der ARE Austrian Real Estate Development GmbH. Die ARE gehört der Bundesimmobiliengesellschaft m. b. H. (BIG), dem größten Unternehmen im Bereich der Gebäudeverwaltung in Österreich. Die BIG wiederum ist dem Staat Österreich zu eigen. Kurzum: Die Villa Schapira befindet sich in öffentlicher Hand. Kaum herauszufinden ist aber, was mit dem staatlichen Besitz – unser aller Besitz – schon im kommenden Jahr, also in nur zwei Monaten, geplant ist; zumindest nicht von der staatseigenen ARE und ihrer Pressesprecherin. Das Unternehmen war erst unlängst wegen ihrer am Luxussektor orientierten Immobilienpolitik in die Kritik geraten.
Billige Villa?
Die Zukunft der Villa Schapira wird früher oder später ans Licht kommen. Es hat aber den Anschein, bei der ARE versuche man die Öffentlichkeit absichtlich im Dunklen zu lassen, um sich eine erneute öffentliche Diskussion über Luxuswohnungen zu ersparen.
Seit März 2019 wird die prunkige Villa Schapira am Rand des Türkenschanzparks im 18. Bezirk von der Künstler_innen-Genossenschaft USUS zwischengenutzt. Ateliers werden betrieben, Ausstellungen und Fotoshootings gemacht. Der Zwischennutzungsvertrag von USUS läuft mit Ende des Jahres 2020 aus, und Marlies Stohl, die Sprecherin von USUS, klingt gar nicht mal so unzufrieden: Wegen Corona sei alles schwieriger geworden, und die Bespielung eines so großen Hauses sei sehr viel Arbeit. Die Zukunft der Villa in der Währinger Max-Emanuel-Straße sei auch ihren Informationen zufolge «unklar».
Auch im Währinger Bezirksamt weiß man nicht mehr. Bei der BIG/ARE sei man noch unschlüssig, heißt es hier. Der Grüne Bezirksvorsteher-Stellvertreter Robert Zöchling berichtet, mit den Zuständigen der BIG alle Optionen durchgegangen zu sein – darunter sei auch die Option des Wohnungsbaus gewesen. Dabei ist eines klar: «Wer die Villa Schapira kennt, weiß, dass das sicher keine billigen Wohnungen werden würden», so Zöchling.
Die Villa, 1922 im sogenannten barockisierenden Heimatstil gebaut, ist beinahe ein Unikat in der Gegend. Andere, mit Prunk nicht geizende Gebäude der Umgebung wurden in der Regel zwar früher, aber in weit modernerem Stil erbaut. Seit die Villa mit dem auffällig hohen Dach in den Zweitausenderjahren in das Eigentum der BIG übergegangen war, war sie an die nahegelegene Universität für Bodenkultur (BOKU) vermietet. Nach dem Auszug des Instituts für Hydrobiologie der BOKU stand das Gebäude einige Zeit leer, bis sich die Genossenschaft USUS zur Zwischennutzung einfand.
Für die Zeit danach, schreibt Lucia Malfent von der ARE per E-Mail, laufe «aktuell die Evaluierung aller Nutzungsmöglichkeiten (Eigen- oder Partnerprojektentwicklung)». Einzig ein Verkauf werde ausgeschlossen. Sonst sei noch alles offen – und damit wäre eigentlich alles gesagt.
Ausgeschlossene Öffentlichkeit. Der Denkmalschutz, unter den die Villa Schapira nach Paragraph 2a Denkmalschutzgesetz gestellt wurde, ist grundsätzlich kein Hindernis; eventuelle Umbauten müssen aber beim Bundesdenkmalamt genehmigt werden. Eine Anfrage des AUGUSTIN beim Bundesdenkmalamt bleibt vorerst unbeantwortet. Kurz vor Redaktionsschluss lässt man doch von sich hören: Dem Bundesdenkmalamt seien keine Bestrebungen bekannt, dass der Eigentümer den Denkmalschutz aufheben oder ändern lassen möchte. So weit, so gut, wäre da nicht noch der Nachsatz: «Sehr wohl befasst sind wir jedoch mit einem Projekt, das die Nutzung des Hauses für Wohnungen vorsieht.»
Wenige Tage zuvor, als von Seiten der ARE noch «alles offen» gewesen sein soll, sagte Marlies Stohl, die Sprecherin von USUS: «Es wäre toll, wenn dieses schöne, geschichtsträchtige Gebäude weiterhin öffentlich zugänglich bleiben würde.» Aber genau das wird es nicht, gehen die Pläne der Austrian Real Estate Development GmbH auf. Die ARE möchte offenbar Wohnungen bauen, und wie der Vize-Bezirksvorsteher weiß, werden das «sicher keine billigen Wohnungen».
Die Öffentlichkeit, darf man annehmen, will man davon vorerst aber nicht in Kenntnis setzen, um sich eine erneute lästige Diskussion über öffentliche Gelder, Luxuswohnraum und die mangelnde Schaffung von Wohnraum für Geringverdiener_innen durch die ARE vom Leib zu halten.