Das halbe Dutzend ist vollArtistin

Musikarbeiter unterwegs ... mit einem inspirierten «happy Smoker».

Nino Mandl legt mit Band als Der Nino aus Wien geich zwei der bemerkenswertesten Alben des Frühlings vor: «Träume» und «Bäume».«Ich freu mich eh schon», sagt der zum Zeitpunkt unseres Interviews noch 26-jährige Nino im zentral gelegenen (kunst)geschichtsträchtigen Wiener Kaffee. Er meint die Tournee, auf der er gemeinsam mit seiner Band (pauT, Raphael Sas und David Wukitsevits) das Doppelpack seiner Alben 5 & 6 vorstellt. «20 Konzerte in 30 Tagen». Darunter gar nicht wenige Termine in Deutschland, von München bis nach Hamburg und Berlin reichend. Längst hat das «Phänomen Nino» die Landesgrenzen überschritten und wird nicht zuletzt in der Fachpresse D mehr als wohlwollend rezipiert. Wichtiger noch, das Publikum im Nachbarland nimmt die eigenwilligen musikalischen und künstlerischen Positionen, die unter dem Namen Der Nino aus Wien seit 2008 in die Welt entlassen werden, zunehmend an und wahr. Was trotz fast gleichgeschaltetem Medienjubel im Aland hier nicht überall der Fall ist. Linz etwa gestaltet sich als – noch? – harte Nuss, erzählt Nino. Erste Konzerte sind schon gespielt, die Befürchtung, durch das gleichzeitige Release zweier Alben diese eventuell «gegeneinander in die Welt zu schicken», zerstreute das Publikum durch den eifrigen Kauf von «Doppelpacks». Erleichtert durch reelle Preisgestaltung mit 10 Euro pro CD spart mensch sich schon einmal durch Zücken des blauen Scheins die Entscheidung, ob er oder sie es jetzt mehr mit den Bäumen oder den Träumen hat. Wobei Der Nino aus Wien und sein Label Problembär Records nebenbei und wohl unbewusst die Idee eines klugen Menschen aufgreifen, der der Musikindustrie schon vor Jahrzehnten eine entsprechende Preisgestaltung der CD als Krisenprävention – vergebens – nahegelegt hatte.

Elektrische Gitarrenträume

Während Ninos geschätzter Kollege Ernst Molden in seinen begleitenden Zeilen zu den Alben im übertragenen Sinn einen Baum umarmt, sind Nino selbst die 11 Lieder von «Träume» – «vielleicht» sagt er – noch etwas näher. Erstmals mit der E-Gitarre geschrieben, erzählen sie – von Opener «Tobacco Lied» bis zum abschließenden «Fantasy Dreamz» – in Ninos unverkennbarem, sprachwitzigem und -reichem Stil Geschichten, «weg von mir selber», von der «allerliebsten Sängerin», «einer coolen Person», vom «Grant» und viele andere. «Träume» hingegen hat «viel mit mir zu tun», sagt er und sieht das Album selbst sehr ähnlich wie sein 2008 erschienenes Debüt «The Ocelot Show». Eingespielt wurde es mit Gästen wie David Hebenstreit aka Sir Tralala, Lukas Lauermann und Walther Soyka bei Thomas Pronai in Oslip. Dessen Arbeitsweise, alle live aufzunehmen, kommt der Haltung Ninos sehr entgegen, musikalische Entscheidungen «schnell und instinktiv» zu treffen. So war «Bäume» in zwei Tagen im Kasten, während «Träume» über zwei Wochen in der bewährten Workstation am Alberner Hafen mit und von Patrick Sischka eingespielt wurde und sich vielleicht als das exaltiertere Album der beiden beschreiben ließe. Beim ersten Hören assozierte der Musikarbeiter gar Monty Python. Eine Vielzahl von absurden/absurd-witzigen Ideen unterstreichen noch einmal die Besonderheit von Der Nino aus Wien, der sich selbst zwar als «wenig variantenreichen Musikhörer» beschreibt, es aber vermag, mit einem überschaubaren musikalischen Vokabular (dass er die Beatles und den «Spirit» der 60ies liebt, entgeht kaum einem Ohr) recht variantenreiche Alben zu entwerfen. So kurios wie begeisternd das «Träume» – nicht ganz – abschließende «Fantasy Dreamz», das als gefakter Livemitschnitt daherkommt, bei dem Nino vokalisiert wie der leibhaftige Falco, während zwei Menschen deutlich vernehmbar die Qualitäten und Nicht-Qualitäten der Band besprechen. Der dann nach einiger Stille folgende Ghost oder Hidden Track «Mexiko» sorgte eben wegen der davor «tönenden» Stille für Alarm beim Durchlaufen des Albums im Radio. Stille darf dort nämlich nicht sein – was dabei sicher ein Höhepunkt der jüngeren Geschichte der alandischen Radiolandschaft war und mir gleichzeitig die Perspektive zur unsäglichen Quoteniskussion schenkt: mehr österreichische Stille im ORF! Dank «Mexiko» kommen «Träume» wie «Bäume» auf die Spielzeit von jeweils 47 Minuten und 10 Sekunden, was wiederum ein Indiz für den ausgeprägten Spieltrieb Ninos ist. Das Gedöns um seine Person, heraufdämmernder Star-Ruhm und Ähnliches scheinen an Nino, der auf die Musik bezogen perspektivisch ein wenig pausenwillig scheint, geradezu abzuperlen. Zur jährlichen Verleihung des Amadeus etwa, dem komplett unnötigen Preis der österreichischen Musikwirtschaft, geht der manische Fernsehlaufenlasser nicht mehr hin, seit er mitansehen musste, dass dort Harri Stojka keinen Einlass fand. Nicht nur künstlerisch vorbildlich!

Der Nino aus Wien: «Bäume», «Träume» (Problembär Records / Seayou Entertainment)

Live (einmalig mit Lukas Lauermann, Sir Tralala und Walther Soyka):

6. 6., Stadtsaal