Musikarbeiter unterwegs … in Kluckyland
Seit 2018 betreibt die Musikerin Maja Osojnik das Label Mamka Records. Das schon seinen dritten Release feierte!
TEXT: RAINER KRISPEL
FOTO: MARIO LANG
Vor über vier Jahren war musikarbeiterisch schon einmal von Maja zu lesen, 1976 in Kranji, Slowenien geboren, länger schon in Wien lebend und arbeitend. Im April 2016 lieferte das Doppelalbum Let Them Grow Anlass für ein Gespräch. Ein eindrucksvolles «Hauptwerk», dessen Entdeckung, und die Beschäftigung damit lohnt 2021 unverändert (mo.klingt.org). Was andererseits gewiss nicht heißt, dass Maja Osojnik in der Zwischenzeit künstlerisch nichts gemacht hätte, im Gegenteil. «Der erste Lockdown war ein Segen, wie ein langer verschneiter Sonntag. Vorher war ich öfter am Rand der Erschöpfung unterwegs, dann habe ich mich auf nur eine Komposition konzentriert, das ständige Tun fiel weg. Andererseits habe ich mir gedacht: schrecklich, dass die Welt stehen bleiben muss, damit Maja stehen bleiben kann.»
Exploring the Randomness.
Der Lockdown und das Virus, das uns alle quält, sind natürlich Thema, als wir uns treffen. Im Kluckyland, einem Ausstellungs/Kunstraum in der Othmargasse 34 im 20. Bezirk (kluckyland.com), wo Maja Osojnik die Ausstellung abbaut, mit der in Ermangelung sinnvoll oder überhaupt zu spielender Konzerte der dritte Release von Mamka Records gefeiert wurde.
SUPERANDOME – SUPER RANDOM ME, so der Titel von Ausstellung und Single, mit dem die (Be)Deutungsebenenen schon ins Galoppieren kommen. (Kann doch das erste Wort als «überwinden, größer sein», gar «transzendieren» aus dem Spanischen übersetzt werden.) Was gar nicht schlecht ist, hängt doch alles mit dem Text Wendy Pferd Tod Mexico von Natascha Gangl zusammen. Mit dem die Autorin die Figur Wendy – reitende, blonde, alleskönnende Heldin einer Kinder/Jugendheftreihe und eines Films – in Frage stellt und dekonstruiert. «Sie ordentlich zerfleddert», wie Maja sagt. Woraus Rdeča Raketa, das elektro-akustische Duo von Matija Schellander und Osojnik mit der Schriftstellerin eine Reihe von Live-Performances und ein «Klang-Comic»/Hörspiel (preisgekrönt!) entwickelten. Die Singles Chicken/Die Toten/The Dead (Mamka 1) und Mi Corazon (# 2) sind dabei eben nicht der Soundtrack dieses vielschichtigen, dynamischen Projekts, sondern damit korrespondierende Kunstwerke für sich.
Mamka ist offen im Kopf.
Maja Osojnik geht es mit ihrem Label, dessen Namen slowenisch die Großmutter bezeichnet, unter anderem darum, limitierte Unikate herzustellen. Bei Nummer 3 sind die Covers – die die Ausstellung bildeten, einmal als eine Art frei hängende, aus 110 Teilen bestehende Kunsttapete «in echt» und einmal als Video zu sehen – von Maja aus den lange Zeit gesammelten, übriggebliebenen streifenförmigen hochwertigeren Papier/Schnittabfällen eines Copy-Shops in akribischer Detailarbeit geformt worden. Reflektierten die ersten beiden Singles mit ihren songartigeren (im freieren Sinne) Stücken Aspekte des Kontexts wie das mystische Mexiko oder das hippieske Strandleben ebendort, samt Psychedelik und Melancholie, kommt jetzt die gerne soundcollagenartige Arbeitsweise von Matija und Maja zum Tragen. Wird (auch) mit Copy-and-Paste aus vorhandenem Musik/Ton-Material «dem literarischen Klangphantasma» nachgespürt, lässt das Duo sein «cinema for the ears» ablaufen. «Fooling around, playing around, something comes out», umreißt Maja eine ihrer künstlerischen Strategien, was sich wieder gut mit dem Begriff «Randomness» verträgt. Der überhaupt gut zusammenpasst «mit der Art, Musik zu machen», die sie für sich gefunden und entwickelt hat, die Momente, die entstehen sollen, können ja eigentlich gar nicht vordefiniert werden. Nicht nur für Mamka hat Maja Osojnik «super viele Projekte im Kopf», gerne an Schnittstellen von Sound/Design/Kunst/Literatur angesetzt, konkret zeichnet sich ein Comic-Book zu Wendy Pferd Tod Mexiko ab, in einer Box mit den Singles. Die Ausstellung soll weiter passieren, verkaufte Singles/Covers bleiben leer, «so mutiert die Mutation». Mit den Terminen bleibt das so eine Sache, im Echoraum ist etwas im März geplant, aber wer weiß schon jetzt, was dann wie sein kann, sein könnte. Zum Livespielen vor einem (noch einmal) beschränkten Publikum in ohnehin schon durch Wahrnehmungsschranken per se beschränkt besuchten Räumen meint Maja, dass einen dies vor grundsätzliche Fragen stellt. Auf die sie nicht nur random Antworten finden wird.