Das WesentlicheArtistin

Musikarbeiter unterwegs mit Stimme und Songs von Sibylle Kefer.

Bekannt als Sängerin und Querflötistin der Ernst Molden Band überzeugt Sibylle Kefer mit ihrem dritten Album. Total.Es heißt «Considerably Reduced», umfasst 13 Songs und einen «Ghost-Track» («You Order Underwear»), erschienen auf Kefers eigenem Label Sie Records. Die Musikerin selbst, die in zwei Wochen ihr drittes Kind erwartet, ist eben deswegen nicht «considerably reduced», als sie die Musikarbeiter im Prindl trifft. Anfangs noch mit in der Runde der unermüdliche Musikkultur-Dynamo der Wiener Stadt, Friedl Preisl, der erzählt, dass das Album in seinem Auto auf Dauerrotation läuft, sein Favorit: «Sensitive». Was Sibylle sehr freut, wie sie generell mit ihrem neuen «Baby» breiteren Zuspruch hoffentlich nicht nur von Musikerfreunden erfährt, die mit ihren ersten beiden Alben oft nicht ganz so warm wurden. Wie der Musikarbeiter. «Alice im Wunderland» (2007 als SiE auf Cracked An Egg veröffentlicht) und «Weg» (2010, der erste Release auf dem eigenen Sie Records) erschlossen sich nicht wirklich, machten es einem schwer, die große Wertschätzung und Sympathie, die mensch für Sibylle fast unweigerlich empfinden muss, auf ihre Musik auszudehnen und sich nicht in unnedige Worthülsen wie «interessant» oder, ganz furchtbar, «nicht ganz meins, aber » zu flüchten. Sibylle ging und geht damit souverän um und machte einfach weiter, schrieb mit ihrer vor zwei, drei Jahren angeschafften Gitarre weiter Lieder, bis es sich für sie so anfühlte, dass jetzt genug Material für ein Album da ist und dann recht impulsiv ein Aufnahmetermin angesetzt wurde. «Mit der Gitarre schreibt ma ja ganz anders, einfacher, rauer, I sing a anders.» Anders diesmal auch der «considerably reduced» Aufnahmeprozess. In nur 2 Tagen wurden Songs wie «Slowly», «Planets», «Wipping Floors» oder «Vü Energie» eingespielt. Stimme und Gitarre von Sibylle Kefer, Bass von Michi Gapp, eine zusätzliche männliche Stimme von Christoph Neubacher (von ihm stammt auch der «Ghost-Track»), ganz unmittelbar in einem Haus in Bad Ischl aufgenommen. Einem Haus, in dem Michi lange lebte und das der 1976 in Bad Goisern geborenen Musikerin (sie hat Jazzgesang studiert) und Musiktherapeutin («das will ich nach der Karenz unbedingt wieder machen») 10 Jahre lang als Homebase diente, wann immer es ihre Zeit erlaubte, Wien, wo sie seit 1994 wohnt, Richtung oberösterreichisches Land zu verlassen. Kurz bevor also dieses Haus für Michi der wegzieht und Sibylle, die ein Haus in Bad Goisern geerbt hat («dedicated to my omi» steht am von Veronika Molden gestalteten CD-Innencover) sehr persönliche Geschichte wurde, haben sie es sozusagen verewigt.

Vü Energie

Es mag pathetisch klingen, aber die Emotionen und die vertraute Atmosphäre sind in den Liedern spürbar, das ist eine ganz ungeschützte und unaufgeblasene Musik, völlig unkünstlich und dennoch kunstfertig. Sibylle Kefer ist (noch?!) keine super-virtuose Gitarristin, gerade deswegen ist das mit die schönste Gitarre, die es seit langem zu hören gab. «Wahrscheinlich kaun ma sie so vü besser unterstützen», meint sie im Gespräch. Als Interpretin ihrer eigenen Lyrics einmal Dialekt, 12-mal Englisch brilliert Kefer, ohne dass jemals die ihr zur Verfügung stehende Gesangstechnik den Texten und Bildern der Songs in die Quere kommt. Generelle Formel ihres Songwritings gibt es keine, Melodie und Klang genießen vielleicht etwas Vorrang vor den verbalen Botschaften, geschrieben werden kann fast immer und überall, nicht nur «beim Zwiebelschneiden». Dem Musikarbeiter gefallen vorerst «Planets» («do bin I verliebt, sozusagen Vorschläge, wie schee des sei kunnt») und «Ass & Sigh» («du Kommerzer», sagt Sibylle lachend) am allerbesten. Zu letzterem Lied gibt es ein selbstgedrehtes Video, das Sohn Pauli zu Mutters Musik forsch «on the move» im nahgelegenen Augarten zeigt, was netterweise das Musikfernsehen GoTv anderen Menschen vorspielt. War das Veröffentlichen auf eigenem Label so etwas wie eine Notwendigkeit, scheint Sibylle Kefer zunehmend Gefallen am Selbermachen gefunden zu haben und unter dem (nie schlechten) Motto «I scheiss ma nimma sovü» komplett bei sich angekommen zu sein. Obwohl sie von sich sagt, dass sie nicht zeichnen kann, ziert das Cover ein Selbstporträt und liebgemeinte Kritik der Familie («Da Papa hod einfach gsogt: scheen! Drum is er auch a Papa.») wird gewachsen selbstbewusst hingenommen. «Considerably Reduced» ist als Ganzes ein Album, dass der ansteckenden Energie (zwei Wochen vor dem Geburtstermin möchte sie noch unbedingt ein Seminar absolvieren, «daun is ma olles recht») und (Welt-)Offenheit der 36-jährigen Sibylle Kefer gerecht wird, und ebenso ihrer ungekünstelten Emotionalität, die sich singend und spielend kein Blatt vor den Mund nimmt und Gefühlstiefe ebenso wie Ausgelassenheit ganz direkt an die Hörer_innen bringt. Was nur die beste Musik kann.

Sibylle Kefer: «Considerably Reduced», (CD/Download, Sie Records)

www.sibyllekefer.at

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