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«Guten Morgen, hätte eine Bitte: bräuchte einen kurzen Termin bei Kurz (erstens wegen Spende und zweitens bezüglich einen Problems das wir in Italien haben! Glauben Sie geht sich das noch diese Woche aus?? Ig Harald» Freundschaftliche und vertraute SMS gehen von Novomatic zum jetzigen Finanzminister, es gibt Angebote für finanzielle Unterstützung vor dem Wahlkampf, Anfragen zur Hilfe einer Steuersache des Konzerns in Italien. Ob da Korruption im Spiel war, das werden die Gerichte klären. Was beim Lesen der Nachrichten aber so verwundert, ist der vertraute und verhaberte Ton, der da spricht. Jetzt werden viele sagen, eh klar, das wundert Sie? Ja, ich finde das
bemerkenswert. Dass Großkonzerne und Leute mit Vermögen ihre politischen Interessen mit finanziellen Möglichkeiten bei Ministern deponieren und das nicht zurückgewiesen wird. Dass da keine SMS zu finden ist, die sagt: So geht das nicht. Oder zumindest: Das könnte ein Problem sein. Im Gegenteil: Aus den bekannt gewordenen Messages spricht eine freundliche Dienstbarkeit. In der Öffentlichkeit ist die strafrechtliche Relevanz dieser Vorgänge das Hauptthema. Aber ist nicht eigentlich die gewogene Dienstbarkeit der beschuldigten
Politiker die Gretchenfrage?
Wir wissen: Jede dritte Großspende für den Wahlkampf des jetzigen Bundeskanzlers kam aus der Immobilienbranche. Unter der letzten türkis-blauen Regierung wurde die Grunderwerbssteuer so in ein neues Gesetz gegossen, dass sich Immobilienkonzerne Millionen an Steuern ersparen. Von den dreizehn Forderungen des Verbands der Immobilienwirtschaft zum Mietrecht haben es gleich zehn ins damalige Regierungsprogramm geschafft, übrigens manche wortident.
Die alleinerziehende Mutter mit drei Kindern in der zu kleinen Wohnung findet ihren Weg nicht ins Handy des Ministers. Der unter nicht leistbarem Wohnen leidende Niedriglohnbeschäftigte kommt nicht ins Regierungsprogramm. Die Milliardärin Heidi Horten spendet dem Wahlkämpfer Kurz rund eine Million Euro, quasi die billigere Variante, um einen Beitrag für das Gemeinwohl über eine Vermögenssteuer zu verhindern. KTM-Chef und Milliardär Stefan Pierer überwies eine halbe Million, was bei Steuerproblemen mit Liechtenstein nicht schadete. Der Bautycoon Klaus Ortner gab eine ganze Million. Dass seine Tochter Iris Ortner in den Aufsichtsrat der Staatsholding ÖBAG bestellt wurde, habe «ausschließlich mit ihrer Qualifikation zu tun».
Es waren übrigens dieselben, die jetzt im Fokus der Korruptionsstaatsanwaltschaft stehen, die Mindestsicherungsbezieher_innen monatelang öffentlich denunziert haben, massive Kürzungen bei ärmeren Kindern durchsetzten und den ärmsten zwanzig Prozent der Bevölkerung die Notstandshilfe streichen wollten. So wie Armut nicht nur mit Einkommensmangel beschrieben werden kann, so geht es auch bei Reichtum nicht bloß um Ferrari und Yachten, nicht um die konsumistische Seite. Es geht um den Möglichkeitsraum, den Reichtum für die betreffenden Personen aufmacht. Es geht um die politische Durchsetzungskraft, die sich Reichtum schafft, um die Bedingungen zu seinen Gunsten zu verschieben. Zum Beispiel über den Besitz von Medien, Wahlkampfspenden und Gesetzesbeeinflussung. Reichtum definiert sich durch kapitale Möglichkeiten. Wer das Gold hat, macht die Regel? Die Macht der Möglichkeiten nicht auf wenige zu beschränken, sondern allen zugänglich zu machen, ist nach wie vor die große Herausforderung unserer «gemeinsamen Sache», der res publica, der Demokratie.