Interessenvertretung? Brauche ich so was? Nein, lautet anscheinend die Antwort vieler Studierender, wie die kürzlich über die Bühne bzw. durch die Wahlurne gegangene ÖH-Wahl zeigte.Nur knapp 25 % der Wahlberechtigten gaben ihre Stimmen ab. Eine linke Mehrheit in der Bundesvertretung ist zwar weiterhin möglich, die meisten Stimmen für eine Fraktion, nämlich 26,39 %, konnte jedoch die ÖVP-nahe AktionsGemeinschaft (AG) für sich verbuchen. Die AG hat stets eine Service-statt-gesellschaftspolitisches-Engagement-Haltung vertreten und ist kürzlich durch eine geheime WhatsApp Gruppe in ihrer Vertretung am Juridicum in die Schlagzeilen geraten. Von den rassistischen, behindertenfeindlichen und antisemitischen Wortmeldungen in dieser Gruppe hat sich die AG zwar distanziert, aber mit einer eher erbärmlichen Entschuldigung. Warum also doch so einige diese Fraktion wählen, ist die eine Frage. Warum die Wahlbeteiligung so eklatant niedrig ist, die andere. ÖH-Wahlen locken nie viele Studierende hinterm Ofen hervor, was das «Vice»-Magazin in einem Online-Artikel vom 19. Mai dazu veranlasste, 120 Nichtwähler_innen nach ihren Motiven zu befragen. Der Tenor: «Warum brauchen wir die ÖH, was machen die überhaupt, ist doch egal, die machen eh nur Feste.» Klar, eine Nationalratswahl ist die ÖH-Wahl nicht. Aber dass Studierende etwa an jeder Uni im Senat sitzen, der neben Rektorat und Universitätsrat das oberste Leitungsorgan der Institution ist und wichtige Entscheidungen über Studien- und Prüfungsangelegenheiten trifft, ist nicht zu unterschätzen. Ebenso wenig die Studierendenvertreter_innen in Curriculakommissionen, die sich mit Studienplanänderungen befassen. Ob es konservative, neoliberale oder linke und kapitalismuskritische Köpfe sind, die hier mitentscheiden, ist mitunter schlicht nicht egal. Gesellschaftspolitisches Engagement der ÖH, das nicht direkt auf die Studiengestaltung Einfluss nimmt, betrifft das erweiterte Feld des gesellschaftlichen Diskurses, was wiederum alle betrifft, nicht nur Studierende. Und nicht zuletzt sind demokratische Prozesse wie eine Wahl der Interessensvertretung nun mal Teil dessen, was im Sinne von Freiheit und Machtkontrolle notwendig ist. Vielleicht sollte aber auch die ÖH grundsätzliche Überlegungen anstellen, was zu tun wäre, um mehr Studierenden klar zu machen, warum sie benötigt wird.