Den Augustin lieb habenAugustiner:in

Augustiner Jörg Flecker

Als ich 2012 den Aufruf in der Zeitung gelesen habe, der Augustin ­suche Leute, die das Projekt in der damaligen überlebenskritischen Situation finanziell unterstützen, war es für mich klar, das möchte ich tun. Seitdem bin ich Augustin-Liebhaber.
In der Steiermark aufgewachsen, bin ich Ende der 1970er-Jahre für das Studium nach Wien gekommen. Mein Spezialgebiet ist die ­Arbeitswelt. Bis 2013 war ich wissenschaftlicher Leiter der Forschungs- und ­Beratungsstelle Arbeitswelt (FORBA). Seitdem habe ich an der Fakultät für Sozialwissenschaften der Uni Wien eine Professur für Allgemeine Soziologie und gehe noch dieses Jahr in Pension.
Wie wichtig ein Projekt wie der Augustin ist, wissen wir aus der Forschung darüber, was Erwerbslosigkeit mit den Menschen macht. Es bedeutet nicht nur, weniger Geld zur Verfügung zu haben, sie hat auch massive sozialpsychologische Auswirkungen und sehr viele nachteilige Folgen, die zu einem Teufelskreis führen: Man zieht sich immer mehr zurück, traut sich immer weniger zu. Dann fruchten Aufrufe wie «Streng dich doch ein bissl an, such dir einen Job» nicht, wenn man immer wieder abgelehnt wird und in eine Abwärtsspirale gekommen ist. Dann kann es sehr schnell gehen, dass man den Halt im Leben verliert und die eigene Existenz nicht mehr ausreichend sichern kann. Da ist jede Unterstützung, die einer oder einem wieder auf die ­Beine hilft, sehr wichtig.
Durch den Zeitungsverkauf bekommen Menschen ­in ­schwierigen Lebenssituationen nicht nur die Möglichkeit, Geld zu verdienen. Ich kenne einige Augustin-Verkäufer:innen: Man grüßt sich, lernt einander kennen. Ich beobachte diese soziale Interaktion auch bei anderen. Das ist nicht nur finanzielle Unterstützung, das ist auch soziale Teilhabe.
Ich lese seit vielen Jahren den Augustin. Über diese Zeitung erfahre ich Dinge, von denen sonst nicht berichtet wird. Was hier geschrieben wird, das sollte von möglichst vielen gelesen werden!
Ich kaufe den Augustin bar, die bargeldlose Bezahlvariante habe ich noch nicht ausprobiert. Jedenfalls freue ich mich, dass die Förderung durch den Digitalisierungsfonds der AK Wien geklappt hat und das Angebot genutzt wird. Als Jurymitglied habe ich mir damals den Projektantrag angeschaut. Zuerst stellten wir uns natürlich die Frage, ob es wirklich Bedarf gibt. Aber ­gerade für ­junge Menschen, die zunehmend bargeldlos bezahlen, hat das schon sehr viel Sinn. Ich werde auch bald probieren, wie das funktioniert – nun, wo das Projektkonzept in die Praxis umgesetzt ist.

Protokoll: Sónia Melo

Foto: Mario Lang

Haben Sie auch den Augustin lieb und ­möchten sich beteiligen? Wir suchen derzeit ­zwei Liebhaber:innen:

www.augustin.or.at/helfen/liebhaber_innen