Aus der KulturPASSage
Rajkamal Kahlon mit ihrer Ausstellung «Staying with Trouble», bewog mich dazu, diesmal dem Weltmuseum einen Besuch abzustatten.
Foto: © KHM-Museumsverband
Das Weltmuseum wurde am 25. Oktober nach längerer Schließ- und Umbauphase wieder neu eröffnet. Bereits im November 2014 startete ein europaweites Projekt, in dem sich ethnographische Museen, zu denen auch das Weltmuseum gehört, im Rahmen von Workshops, Partnerausstellungen und dergleichen neu positionieren und teilweise umstrukturieren – als Reaktion auf die gegenwärtigen Gegebenheiten in Europa, und um ihre Rolle neu und zukunftsweisend zu definieren. Das Projekt, das noch bis November 2018 andauert, nennt sich SWICH (Sharing a World of Inclusion Creativity and Heritage), wird von der EU gefördert, und im Rahmen eben dieses Projektes sind Arbeiten der Künstlerin Rajkamal Kahlon zu sehen.
Die amerikanische, in Berlin lebende Künstlerin hinterfragt die Kolonialisierung sowie die Darstellung anderer Völker aus Sicht der Europäer_innen kritisch. Sie arbeitet mit Fotografien sowie ganzen Büchern und gibt den dort enthaltenen Bildern ein neues Gesicht. Im Rahmen ihres Wien-Aufenthalts, bei dem sie auch die Sammlung des Weltmuseums durchstöberte, entstand ihr Buch «Field Work: An Artist’s Reflection Among Her Time With the Natives of Vienna 2016», ein Reisetagebuch, das man dort digital durchblättern kann. Allerdings ist es komplett in Englisch und handschriftlich verfasst, was das Lesen etwas schwierig gestaltet, auch wenn mensch der englischen Sprache mächtig ist. Den Kern der Ausstellung bildet ihre Auseinandersetzung mit dem Buch «Die Völker der Erde», ein 1902 erschienenes Buch von Kurt Lampert. Die Darstellung der Menschen ist, wie zu dieser Zeit üblich, sehr darauf bedacht, den «wilden, primitiven Kern» ferner Kulturen hervorzuheben und uns Europäer_innen dadurch zu erhöhen und andere Kulturen zu erniedrigen. Kahlon übermalte diese Bilder sehr treffend, wie ich finde. Da gibt es zum einen die beiden Jungen aus Afrika, die sie zu Fingerpuppen werden ließ. Eine Frau der Tonga-Inseln, der sie eine Bluse aufmalte, sodass sie wie eine englische Lady aussah, und ihr den Kopf eines Mannes auf den Schoß setzte. Auch einer meiner Favoriten, jedoch nicht aus diesem Buch: die Darstellung einer fast nackten dunkelhäutigen Frau mit einem Sissi-Oberkörper.
Die Ausstellung umfasste eigentlich nur einen kleinen Teil des Museums, jedoch war ihre Aussagekraft gewaltig. Sehr schön zu sehen, dass das Weltmuseum auch kritische Auseinandersetzung mit seinen Exponaten willkommen heißt.
Das Museum an sich ist leider etwas verwinkelt, wenn auch gut beschildert, ich habe mich trotzdem verirrt, und so fand ich leider nicht alles, was ich mir ansehen wollte. Japan wird vielleicht ein anderes Mal in meinen Fokus rücken. Sehr modern gestaltet, für mich vielleicht etwas zu modern, ich lese schon gerne Tafeln und schaue nicht stattdessen auf Monitore oder höre mir Audiodateien an. Aber gut, das ist eben der sogenannte «Fortschritt», dem wir uns alle unterwerfen müssen. Und etwas überladen war es auch für meinen Geschmack. Auf jeden Fall sollte man etwas Zeit mitbringen, wenn man das Weltmuseum besucht, es lohnt sich.
INFO
welt museum wien
1., Heldenplatz
Öffnungszeiten: täglich 10 bis 18 Uhr, Freitag bis 21 Uhr
Mittwoch geschlossen
Die Aktion «Hunger auf Kunst & Kultur» ermöglicht Menschen, die finanziell weniger gut gestellt sind, mittels Kulturpass Kulturveranstaltungen und Kultureinrichtungen bei freiem Eintritt zu besuchen.