Den U-Bahn-Bau zur Verkehrsberuhigung nutzentun & lassen

Illustration: Thomas Kriebaum

Klimazone

An was denken Sie, wenn Sie sich eine schöne Stadt ­vorstellen? An belebte Plätze mit Cafés? An Sehenswürdigkeiten, an ­denen Sie vorbeischlendern? An Bankerl am Fluss? An Parks, in denen Sie sich eine Jause gönnen? Sicher haben Sie ­keine große und viel befahrene Straße wie die Landesgerichtsstraße im Kopf. Zurzeit ist sie auch mehr Baustelle als Straße. Mit der ­neuen U-Bahn baut die Stadt den öffentlichen Verkehr weiter aus. Das ist gut, aber auch eine seltene Chance, die Straßen in der Umgebung neu zu gestalten.
Einen Vorstoß dazu haben nun die Grünen ­gemacht. In einer Studie zeigen sie, wie die Landes­gerichts- und Auerspergstraße in Zukunft aussehen könnten. Die Region soll zu einer lebendigen Begegnungszone werden: Viele Sitzgelegenheiten, Spiel- und Sportelemente sind geplant. Grünflächen und 360 zusätzliche Bäume sorgen für Kühlung und Aufenthaltsqualität im Sommer. Zwei Fahrradstreifen und breite Gehsteige machen das Zufußgehen und Radfahren attraktiver. Es soll eine Prachtstraße verwirklicht werden, die der Stadt mit der «höchsten Lebensqualität» gerecht wird.
Auch alle anderen Flächen, die gerade (und noch bis 2028) vom U-Bahn-Bau beansprucht werden, würden sich für eine zeitgemäße Umgestaltung eignen. Die Stadt Wien verspricht in ihren diversen Klimastrategien mehr Bäume und Grünflächen, will Radwege ausbauen und Autos langsam aus der Stadt drängen. Zumindest am Papier. Jetzt wäre eine historische Gelegenheit dazu.
Denn der Verkehr muss unbedingt neu gedacht werden. Er ist die CO2-Katastrophe Österreichs. Seit 1990 steigen die Emissionen in dem Bereich und haben sämtliche Einsparungen in der Land- und Abfallwirtschaft sowie bei Gebäuden wettgemacht. In Wien sind die Emissionen pro Kopf im Bundesländervergleich zwar am geringsten, weil wir als Stadt die kürzeren Wege gut mit Öffis zurücklegen können. Aber speziell bei der aktiven Mobilität, wie dem Radfahren und Zufußgehen, und dem Pendelverkehr ist noch viel Luft nach oben.
Von den täglich 270.000 Pendler:innen kommen zwei Drittel mit dem Auto in die Stadt. In Wien selbst besitzen 58 % der Haushalte ein eigenes Auto. Die Auto­zentriertheit in vielen Bereichen hat zur Folge, dass zwei Drittel der Verkehrsflächen in Wien für Autos reserviert sind. Nur ein Drittel entfällt auf Fußgänger:innen und Radfahrer:innen.
Die Stadt Wien will das ändern. Ein Ziel ist, dass bis 2030 nur mehr 15 % der Wege in der Stadt mit dem Auto zurückgelegt werden. Die große Reduktion von den derzeitigen 27 % bräuchte aber ­mutige Schritte. Verkehrsberuhigungen, Temporeduktionen auf 30 km/h, Parkplatzumgestaltungen, breitere Gehwege und durchgängige Radwege, neue Parks und Grünflächen und ein kluger Ausbau der Öffis auch über die Grenze Wiens hinaus werden notwendig sein, um das zu schaffen.
Die Wiener Stadtregierung ist bisher in vielen dieser Bereiche nicht mit großem Mut aufgefallen. Das kann und muss sie nun ändern, wenn sie Lebensqualität für die Zukunft schaffen will.

Translate »