Der Ballrednervorstadt

Steffen Hofmanns Augustin-Connection

Den kenn ich der kommt oft zu uns, sagt Steffen Hofmann und deutet aufs Coverfoto des Augustin, das die Gewinner des Obdachlosen-Cups in Jubelpose zeigt, genauer: auf Willy Gröschl, den Erzesten aller Erzgrünweißen im schwarzweißen Augustindress.Mehr sagt er nicht über den Willy. Aber vielleicht erzählt diese vorsichtige Aufmerksamkeit mehr über den Rapidspieler, als ihm ein Reporter je aus der Nase ziehen könnte. In den zwölf Minuten, die wir im Anschluss an ein Training miteinander reden, begegnen mir seine Augen nur sekundenweise. Meist sind sie nach unten gerichtet, dort, wo unter normalen Umständen der Ball zu finden ist. Ich empfinde das nicht als unhöflich weil mir mit jeder Minute unseres Gesprächs klarer wird, welch für die raue Sportart Fußball ungewöhnliche Sensibilität sich darin ausdrückt. Folgerichtig gilt Hofmanns ungeteiltes Vertrauen rund ums Spielfeld und dessen untiefer Randzone namens Öffentlichkeit einzig dem Ball. Die Beredtheit, mit der er das Spielgerät während der Trainingseinheit behandelt, ist die andere Seite der Nachdenklichkeit, die seine Sätze umgibt. Zu Beginn unseres Gesprächs hält er noch einen Ball in den Händen, vielleicht weil ihm das eine größere Sicherheit verleiht. Und es hat etwas Unfreiwilliges, als er ihn schließlich wegrollt. Im Geist spiele ich den Ball zurück und frage nach:

Herr Hofmann, wie sind Sie zum Fußball gekommen?

Aufgewachsen bin ich in einem kleinen Ort namens Kirchheim in der Nähe von Würzburg, wo ich 1980 geboren wurde. Ich stamme aus ganz normalen, bürgerlichen Verhältnissen. Mein Vater war und ist ein glühender Anhänger von 1860 München und hat mich ins Stadion mitgenommen. Außerdem hat mich mein älterer Bruder schon sehr früh zum Training gebracht.

Wie kommt der Nachwuchskicker eines Dorfclubs in die höheren Sphären des Profifußballs?

So was geht Schritt für Schritt. Mit 13 bin ich zum SV Würzburg gekommen und hab dort in allen Jugendklassen gespielt. Allmählich bin ich dann über die verschiedenen Bezirks- und Kreisauswahlen auch in die Bayernauswahl gekommen. Ungefähr zeitgleich mit der Einberufung in das U-16-Nationalteam erfolgte dann der Wechsel von Würzburg zur Jugendabteilung von Bayern München.

Eine Vergleichsfrage, da Sie Einblick in beide Ausbildungssysteme haben: Was wird in Deutschland anders gemacht als in Österreich?

Mit der Nachwuchsarbeit in Österreich hab ich mich nie so befasst. Meiner Erfahrung nach wird in Deutschland jedenfalls sehr professionell gearbeitet. Es gibt Trainer und Verantwortliche, die hauptamtlich und ausschließlich für den Nachwuchs zuständig sind. Das ist entscheidend, weil man nur im Jugendbereich den richtigen Feinschliff bekommen kann.

Wie kam es dann zum Sprung ins kalte Wasser des Profifußballs?

Mit 18 erhielt ich ein Engagement als so genannter Vertragsamateur bei den Bayern. Dort blieb ich drei weitere Jahre und hatte dann mehrere Optionen, endgültig zum Profi zu werden. Ich hab mich für Rapid entschieden und bin nach wie vor froh darüber.

Gab es neben dem Fußball in ihrer Jugend noch andere Perspektiven?

Eigentlich nicht. Ich hab wohl die Realschule bis zur mittleren Reife absolviert, sogar mit einer Ehrenrunde (schmunzelt), und dann bin ich noch zur Bundeswehr. Der Fokus war aber immer auf Fußball. Selbst wenn ich mal nicht mehr spiele, möchte ich in der einen oder anderen Form beruflich beim Fußball bleiben.

Sie waren mit Rapid 2005 Meister, kennen also die Euphorie des Erfolgs. Andererseits haben sich an diesen Triumph auch Tiefschläge angeschlossen: lange Verletzungspausen und ein recht unglücklich verlaufenes Zwischenspiel bei 1860 München. Wie geht man mit solchen Situationen um?

Das gehört zum Beruf dazu. Da braucht man dann den Rückhalt durch die Familie und die Freunde. Den hab ich glücklicherweise immer gehabt und deshalb auch gewusst, dass ich wieder zurückkommen werde. Ohne harte Arbeit an sich selbst geht das aber auch nicht.

Hilft es in solchen Situationen, mit jemandem reden zu können?

Wichtig ist, dass man um die Möglichkeit weiß, mit jemandem reden zu können. Genauso entscheidend ist es aber auch, sich darauf verlassen zu können, dass man manchmal in Ruhe gelassen wird.

Wie erleben Sie da die Unterstützung bei Rapid?

Das läuft eigentlich sehr gut. Ich habe hier immer das Gefühl gehabt, dass der Verein zu mir steht. Es ist wichtig, da eine Sicherheit zu haben und nicht damit konfrontiert zu sein, dass sich vier, fünf Monate keiner meldet, wenn man verletzt ist. Gerade wenn es einem nicht gut geht, ist es schön, zu merken, dass man gebraucht wird.

Welchen Stellenwert hat für Sie generell das Soziale im Fußball? Kommt Ihnen das viele Geld, das investiert wird, nicht übertrieben vor?

Kein Kommentar.

Sie sind seit kurzem Botschafter der SOS-Kinderdörfer. Was hat sie dazu motiviert?

Ich habe selbst eine kleine Tochter, die mir sehr wichtig ist. Nicht alle Kinder haben das Glück, in gesicherten Verhältnissen aufzuwachsen, und für diese möchte ich mich einsetzen. Wo man mich gebrauchen kann, möchte ich der Organisation zur Verfügung stehen.

Die Fragen stellte Helmut Neundlinger