Leider muss man im Leben für alles kämpfen, manchmal sogar für den Frieden! Dabei genügt oft nur ein einziges Wort oder man dreht den Schalter um.
Weisheit, Reife und Güte … Die größten Mächte, um unbesiegbar zu sein, doch die Liebe flüstert «Vergebung!»
Ich schreibe: «Werte X, weil ich Dich, nachdem du mit Deinem Brief so viel angerichtet hast, nicht mehr mit ‹Liebe› anreden kann.
Ich möchte vor Dir stehen, ich kann Dir sehr wohl in die Augen schauen! Schaffst Du das noch? Du kannst mir nicht mehr weh tun. Weil ich verstanden habe, warum Menschen so sind, weil das Haus, das Wohnheim unten etwas Besonderes ist, das «kalte Haus», wie es hier oben genannt wird, und weil ich dort auch meine ganz besondere Rolle hatte. Um zu erkennen, dass es noch einen anderen Platz gibt, wo niemand versucht, meine Seele zu brechen. Es ist zwar schon spät, aber vielleicht noch Zeit genug, wobei ich erschrak, als ich erkannte, wozu man fähig wird im Schmerz, was ich selbst nie gewusst, geahnt hätte. Ja, dieser ‹Brief›, ich versuche an das Lied von Friedrich Schütter Der Brief zu denken, der voll Liebe, voll von Melancholie ist, aber auch schlussendlich erzählt von Abschied. Ja, Briefe können vieles anrichten, aber auch ausrichten, wenn jemand zum Beispiel schreibt ‹Ich liebe Dich›. Aber ein Brief kann verletzend sein, mehr als die Sprache, die unfähig war, Dinge zu besprechen. Dein Brief – banal, serviert bekommen auf 2 Blättern Papier im Kuvert, am frühen Morgen am Bett, meine Augen blinzelnd, noch nicht ganz offen. (Wie kann man einen Brief im 2. Stock verfassen, wo ich im 1. wohne? Warum war keine normale Kommunikation von Mensch zu Mensch mehr möglich?) Ich habe trotzdem Deinen triumphierenden Blick wahrgenommen, obwohl ich Dir öfters schon zu verstehen gab, dass ich mit Dir nichts mehr zu tun haben möchte. Es gab mit Dir schon mehrmals Eskalationen, die mir sehr unter die Haut gingen und ich merkte, Du lernst nichts daraus, verletztest mich immer wieder, und ich beschloss, mich abzugrenzen. Diese Grenze überschrittst Du weiter, obwohl ich Distanz signalisierte. Du erschienst, als ich schon angeschlagen war, frühmorgens.»
In meiner Abwesenheit schrieb sie besagten Brief an mich, obwohl sie gar nicht meine zuständige Betreuerin war. Die «schöne» Geschichte, die der Auslöser für meinen posttraumatischen Ausnahmezustand wurde, ist noch nicht zu Ende. Von diesen Brief wussten ziemlich alle Kollegen, Pflegedienstleitung, Heimleiter usw., bevor sie ihn mir aushändigte. Also hat sie sich noch damit gebrüstet, wie toll das doch ist, vielleicht – ich nehme an – haben sich noch alle sehr amüsiert darüber, haben gelacht, wie mich dieser Brief verletzen wird, zweifelsohne. Und wie es ihnen gefallen wird, wenn ich jetzt komplett auszucke und aggressiv werde – wieder als einzige Option, weil der Kelomat immer öfter überging!
Ich erzähle diese sehr traurige Geschichte von Menschenrechtsverletzungen bis Machtmissbrauch in einer Pflegeeinrichtung nun, weil ich weiß, dass es viele Pflegende, Betreuer, Ärzte, einfach Personen gibt, die im Pflegebereich tätig sind, ihre Arbeit sehr ernst nehmen, an Grenzen stoßen, um Menschenleben zu retten, bzw. dafür sorgen, Lebensfreude zu erhalten, ohne durch den eigenen Frust, durch eigene schlechte Laune, die Stimmung in den Keller zu bringen. Ohne andere mitzunehmen eigentlich in die eigene unterste Etage, sich vielleicht noch daran ermächtigen zu wollen, indem man Schwächere verletzt. Jeder wusste, was der Brief mit seinen sehr in die Seele stechenden Aussagen bei mir bewirken konnte, aber es auch tat. Vielleicht wird der Schmerz einmal weniger, aber er hat mich auch viel gelehrt! Verzeihen? Vielleicht Mitleid haben, um es erträglicher zu machen, die Tür kann ich leider noch nicht zumachen, obwohl man sagt, man gehört nicht mehr dazu! Ich fühle mich manchmal wie der Hund Krambambuli, der in seiner Treue, dorthin zurückkehrt, wo er geliebt hat. Aber die Tür ist versperrt. Einen Pädagogen fragte ich einmal: «Wer war Deine größte Liebe Deines Lebens?» Ich wusste, er würde nicht sagen, dass es seine Frau ist, ich dachte, es sei seine Tochter. Nachdenklich antwortete er dann: «Mein Hund!» Dieser Hund ist später gestorben. Auch ich lag da wie Krambambuli. Der Schnee rieselte auf mein Fell, doch ich hatte die Kraft, wieder aufzustehen, und in dieser Version stirbt nicht der Hund, sondern sein Herr …
Traurigerweise wurde durch diesen fiesen «Anschlag», der mich im März ein paar Tage später in die Psychiatrie brachte, eine sehr unkontrollierte Spirale ausgelöst. Wir verloren nach 24 Jahren unsere Heimat, Menschen, die uns nahe standen, und viele Unschuldige wurden durch den Schrei meiner Seele, die damals, danach, weiterhin so verletzt wurde, involviert, und dadurch kamen andere Missstände dieser Einrichtung zusätzlich an die Oberfläche. Meine «kleine Familie», die ich unten hatte, blieb zurück, und manchmal, wenn sie mich mit dem Video anrufen, sehe ich große traurige Augen, und ein verwirrter Mann fragt: «Wo bist Du?»
Der Pflegedienstleitung, die einen Fehler einmal nicht zugeben wollte, mussten wir das Versprechen abgeben, nach ihren Worten zu sagen: «Es war damals eine Verkettung von unglücklichen Zufällen …»
Was darf noch passieren, damit dieser Satz seinen Wert bzw. seine Gültigkeit verliert?