Ein Hochglanzmagazin brennt anscheinend nicht
Der Mai ergab wieder die günstige Kalenderkonstellation, wo der 13. Kalendertag eines Monats auf einen Freitag fiel, also grünes Licht für einen F13-Aktionstag, an dem gesellschaftspolitische Missstände von Betroffenen selbst augenzwinkernd ins Spiel gebracht werden.
Fotos: Alexander Fortunat
In diesem Sinne wurden beim letzten F13 zwei Aspekte aktionistisch in die Öffentlichkeit, genauer in den (halb-)öffentlichen Raum getragen: «Freifahrt für alle» (dafür wurde ein eigener Song geschrieben und auf der Fahrt vom West- zum Hauptbahnhof angestimmt) und das Verkaufsverbot von Straßenzeitungen am neuen Hauptbahnhof.
Zu Ersterem sollen an dieser Stelle nicht viele Worte verloren, sondern auf die Seite 4, der Fanpost-Seite, verwiesen werden, denn unser Leser Flo Flossinger hat sich Gedanken zum Thema Freifahrt gemacht, die nicht nur würdig sind, abgedruckt zu werden, sondern auch zu einer grundlegenden Debatte führen sollten. Falls Sie die Fanpost noch nicht gelesen haben, hier die Quintessenz der Zusendung: Alle Fahrten mit Öffis, die auch nur im weitesten Sinne mit Arbeitswegen zu tun haben, sollten kostenlos sein. Und der Augustin geht noch einen Schritt weiter und fordert «Freifahrt für alle!».
Zum zweiten Anliegen, dem untersagten Verkauf vom Augustin in der Halle des Hauptbahnhofes. Die Kolportage ist einer unserer Verkäufer_innen mit dem hanebüchensten Argument, das sich ein Apparatschik nur ausdenken kann, untersagt worden: wegen der Brandgefahr!
Mit so einem Argument lassen sich Kolporteur_innen natürlich nicht abspeisen! Eine Gruppe zog zum Hauptbahnhof und inszenierte in der Eingangshalle den Verkauf von brandresistenten, weil imprägnierten Exemplaren nebst einer Mitarbeiterin der Westbahn, die dort das Hochglanzmagazin der Privatbahn verteilte. Somit ein wunderbarer Indikator für die Klassen-Gesellschaft: Haselsteiners Printprodukte sind im Gegensatz zum Augustin keine Gefahr für die allgemeine Sicherheit am neuen Hauptbahnhof!
Neben dem szenischen Zeitungsverkauf wurde auch noch ein Walzer, der in einen kurdischen Kreistanz übergegangen ist, dargeboten. Und wieder eine Klasse für sich die Gruppe Slow Forward. Die Akteur_innen mimten Reisende, die sich im Zeitlupentempo durch das Bahnhofsgebäude bewegten. Und wie reagierte das Sicherheitspersonal am Bahnhof? Anfangs entspannt, doch zunehmend nervöser. Sollte wirklich ein Ernstfall eintreten, sind Zweifel angebracht, ob sich die Reisenden in guten Händen befinden …
Zur Aktion wurde das «Augustinische Freifahrtslied» intoniert:
(Nach der Melodie des Wienerliedes «Glasscherbentanz»)
Bisd du obdachlos,
muassd mit da U-Bahn foan
Daun sei vanünftig
Fang jo ned an zum spoan
Denn für die Strof wos zoin
des is gaunz danebn
Waunnst a Wiffzack bist
Daun spoast fias Lebn
Umananda steh
Is bei uns net erlaubt
Mia san an Wödstadt
A waun´s kana glaubt
Umanaunda steh
is bei uns net drin
Umanandafoan
haßt de Doktrin
Refrain
In da U-Bahn
zur Rapid foan
in da Tramway
üban Ring foan
Do kaunstad´ Wohnung spoan
Es ist schee woam beim Foan.
Lieba Kontrolleur
nimms net so schwör.
Kummst vom Häfn aussa
Wüst ins Stammcafé
Des san Kilometer!
Und de wüst net gehn
Brauchst a Kostnix-Bim
Und an Kostnix-Bus
Der di bis vors Beisl
Liefern muss
Gratis foan is a
fia unsa Klima gut
weu jeder gean sei Auto
daun entsorgen tut
Daun san di Stroßn da
Fürs Demonstriern
und vielleicht sogar
fürs Tachiniern
Refrain
In da U-Bahn
zur Rapid foan
in da Tramway
üban Ring foan
Do kaunstad´ Wohnung spoan
Es ist schee woam beim Foan.
Lieba Kontrolleur
nimms net so schwör.
Anm.: Die erste Strophe lehnt sich textlich an eine Neufassung des Lieds «Glasscherbentanz» von Tommy Hojsa und Helmut Emersberger an