Jenischen wird Verstoß gegen Gewerberecht vorgeworfen
Folgender Hilferuf lag vor einigen Tagen in unserer Mailbox: «Ich heiße Angelo Schmid und bin der fahrende Messerschleifer, der in der Vergangenheit in mehreren ORF-Sendungen zu sehen war. Ich und mein Vater ziehen mit einem kleinen Verkaufsanhänger von Dorf zu Dorf und werden ständig von Polizeikontrollen mehrmals im Monat wegen vier bis fünf Punkten angezeigt. Die Verwaltungsstrafverfahren sind von der zuständigen Bezirkshauptmannschaft jedes mal restlos eingestellt worden.»
Foto: Privat
Es sind vor allem Dörfer im niederösterreichischen Mostviertel sowie im oberösterreichischen Mühl- und Hausruckviertel, die von den Schmids «heimgesucht» werden. «Heimgesucht» wird man von Plagen – und wenn schon von Menschen, dann von solchen, die unerwünscht in den Gegenden auftauchen, in denen man die meisten «Herumzieher» längst sesshaft gemacht hat, in quasi zwangsintegrativen Akten. «Heimsuchen» ist genauso negativ konnotiert wie «weiße Zigeuner», wie man die Volksgruppe der Jenischen nennt, die von den Nazis genauso liquidatorisch verfolgt wurden wie die Roma und Sinti. Nur noch ein paar tausend Jenische gibt es in Österreich; Angelo Schmid und sein Vater zählen zu ihnen.
Verarmte Kleinhäusler und Bauern, die die Not des 30-jährigen Krieges auf die Landstraße getrieben hat, um in Nischen wie Scherenschleifen, Körbeflechten, Hausieren mit Waren aller Art zu finden: Das könnte der Ursprung den Jenischen gewesen sein, und die «fahrende» Arbeitsweise von Senior und Junior Schmid erinnert noch daran.
«Die Dörfer, durch die wir kommen, haben keine Probleme mit uns», sagt Junior Angelo. «Unser Angebot, zehn verschiedene stumpf gewordene Gegenstände zum Pauschalpries von 30 Euro zu schärfen, wird gerne angenommen.» Die Fertigkeit, die die beiden erreicht haben, immerhin existiert ihr Familiengewerbe bereits in der achten Generation, ist eine Gabe, die Hinkunft neu bewertet sein wird: wirklich nachhaltige Wirtschaftssysteme sind ohne das Comeback des Reparierens anstelle des Konsum- und Erneuerungswahns nicht vorstellbar.
Umso skandalöser finden die beiden Schmids die andauernden Polizeikontrollen, die auch dann nicht endeten, als die Messerschleifer aus dem Raum Scheibbs durch ORF-Reportagen zu regionalen Heroes geworden waren. Die Polizei schikaniert die beiden trotz besseren Wissens. Denn die vielen Akten der Bezirksbehörden, laut denen die Arbeit Angelos und seines Vater absolut dem Gewerberecht entspricht, und die vielen Gutachten, die die Legitimität ihrer Tätigkeiten hervorstreichen (ein Teil dieser Papiere ist von Angelo an unsere Redaktion gefaxt worden), müssten auch den ober- und niederösterreichischen Polizeistellen bekannt sein.
Derzeit sind die «letzten jenischen» Messerschleifer rund um Rohrbach, Eferding, Freistadt und Linz-Land unterwegs, und wenn die Schikanen weitergehen, werden es die Augustin-Leser_innen erfahren. Denn Angelo will nicht das wiederholen, was tausende Jenische in diesem Land getan haben: sich anpassen und das Jenische in sich abwürgen. Er hofft, dass der Augustin ihn dabei unterstützt.