Der Obdachlose (Sandler, Penner)Dichter Innenteil

Gehetzt schaut sich der Clochard um. Seine Kleidung ist dreckig, er sitzt am Straßenrand. Nachts schläft er auf dem öffentlichen Klo. Er spürt die Gefahr: Was will der Typ gegenüber von ihm auf der anderen Straßenseite? Der ist zirka 50 Jahre alt, hat aber einen schönen dunklen Anzug und einen kleinen Hund. Der schaut eigentlich aus wie sein Spiegelbild!

Möchte ich dieser Mensch sein dort, wohlhabend, mit Hund? Plötzlich kommt der Mann von gegenüber auf ihn zu. Ich bin doch ein Alkoholiker, will meine Ruhe haben, denkt der Clochard. «Wenn du willst, kann ich dir eine Wohnung verschaffen, eine Arbeit, ein besseres Leben.» «Nein! Verschwinde! Lass mich in Ruhe!», antwortet der Obdachlose. Aber die Begegnung geht ihm lang nicht aus dem Kopf.

Er entdeckt die Flasche in der Tasche, sie ist angebrochen. Jetzt wird er wild. Wo ist der Sinn? Lautlos kommt der Tod. Er schleicht sich heran – plötzlich – spontan – ohne Plan. Wenn ich könnte wie ich wollte würde ich singen, mit ihm ringen, nicht zum Sieg verhelfen, mit mir die Engel, die mir helfen – sie haben schon gewonnen. Ran an den Mann, nichts verschenken. Verlieren verboten. Die Pflicht ist Siegen, Pflichtsieg! Die Strahlen, die uns lenken, von höheren Mächten ist die Rede. Was schaust du mich so an, du Penner. Nichts ist wichtig. Nichts ist richtig. Du wirst mir helfen mit meiner Flasche, verstehst du nicht, dass ich dich hasse. Nicht hasse, liebe. Eine Hassliebe, Bruder. Alle Menschen werden Brüder –

und die Kunst, die Kunst, die Kunst.