Musikarbeiter unterwegs ... mit The Nose im Friseursalon
Seit gut drei Jahren macht das Quintett The Nose Musik. Die Kombination «alte Hasen» der Rock/Indieszene mit jüngerer Sängerin funktioniert dabei ganz hervorragend.
Ich komme gerade frisch aus dem Proberaum, sozusagen, verschwitzt und animiert. Ich heiserte mit meinem Stimmchen über den glorreichen 2-Gitarren-1-Bass-1-Schlagzeug-Soundtrack meiner wunderbaren Kollegen einige der weltbesten Songs, Coverversionen einer ungenannt bleibenden englischen Heldenband der späten 70er/frühen 80er. Warum wir das getan haben und bald wieder tun werden? Weil es uns Spaß macht! Großen Spaß! Dieser Spaß an dieser Rockmusik rührt gleichzeitig an etwas in Herz und Seele und Hirn, was einen währenddessen und nachher etwas zufriedener in diese Welt, die sich noch dazu spätsommerlich schön präsentiert, blicken lässt.
The Nose, eine fünfköpfige Band in ähnlicher Besetzung, aber ohne Coverversionen, scheinen einen vergleichbaren Spaß an ihrer Musik zu haben. So fühlt sich das wenigstens an, als wir mit Bassist Edi Ehn Junior, Gitarrist P. Sputnik und Sängerin Ranita Rubia im Friseursalon des Erstgenannten die ersten Dosenbiere öffnen, die Öffnungszeit besagten Friseursalons war zu diesem Zeitpunkt schon überschritten. Herr Sputnik aka Stefan Vischer war früher Bassist von Ballyhoo, eine der wenigen heimischen Bands, die tatsächlich Alben auf einem Majorlabel veröffentlicht haben. Edi Ehn merkt bescheiden an: «Bei uns spielt der bessere Bassist Gitarre.» Ehn selbst war früher bei Shaken Not Stirred, die in verschiedenen Besetzungen von 1981 bis 1999 (!) existierten. Auf seinem Label Gash Records veröffentlichte er nicht nur deren Tonträger, sondern auch etliche andere, heute schwer zu findende Kleinode alternativen heimischen Musikschaffens. Musikarbeiter Lang staubt gleich ein Exemplar des «Boiler Live Pool»-Doppel-Vinylalbums ab, das sich mit einigen anderen unlängst im Fundus des Musikers und Labelbetreibers gefunden hat.
Noseful
Auch «Blow», das CD-Debüt von The Nose wurde auf Gash veröffentlicht, 11 Songs, die launig der Eigendefinition dieser Band gerecht werden: «Straight Rock ’n‘ Roll, with a dash of Blues, Punk and New Wave.» Aufgenommen im Studio eines Freundes, das auch als Proberaum dient – und umgekehrt -, macht dieses gerade, unprätentiöse Stück Musik schlicht Spaß. Unprätentiös ebenso die «wirtschaftlichen» Ambitionen der Band: einzuspielen, was hineingesteckt wird. Als die Herren Sputnik und Ehn ihren mittlerweile ohnehin revidierten Rückzug von der Musik rückblickend zu Protokoll geben – 1996 respektive 1999 -, erzählt die Sängerin, zu der Mensch auch Anita sagen darf, lachend, dass sie 2001 zu singen begonnen hat.
Bei einem Auftritt mit Los Working Class Heroes de la Casa im Arena-Beisl wurde sie von ihren Bandkollegen in spe entdeckt. Sie schreibt die englischen Texte von The Nose, deren Line-up von Gerhard aka El Mariachi an der Gitarre und Schlagzeuger Tommy Eb komplettiert wird. Als wir schon eine Weile ins nebenan gelegene Kaffee mit einem unaussprechlichen Namen übersiedelt sind und den Bierkonsum dieses Lokals in die Höhe treiben statt die patriotische Pflicht beim Durchleiden des Fußballspiels Österreich gegen Irland zu erfüllen, schaut Gerhard auf einen Kaffee vorbei. Seine nicht nur in diesem Moment selbstgewählte Nüchternheit schenkt der Band einen stets einsatzbereiten Lenker für diverse Überlandfahrten zu Konzerten. Diese Konzerte sind das, worum es The Nose hauptsächlich geht, vor allem auch darum, eben nicht nur immer in den ewiggleichen Lokalen in Wien zu spielen. Was zu gelingen scheint, stehen doch musikalische Ausflüge nach Linz, Vöcklabruck und Tschechien unmittelbar bevor. Was wiederum Gerhard dann wieder genug Material zum Erzählen über die wahren Gesichter von The Nose liefern wird, worüber wir, als seriöses Medium allerdings generell den Mantel der Diskretion legen. Das Gespräch wird launiger, während sich die Verzweiflungsschreie des einsam Fußballschauenden mit fortlaufender Spieldauer zunehmend intensivieren. Ich lerne von einer Location, die nur bis Oktober bespielt werden kann, weil Heizen zu teuer ist. Und davon, wie die Bandnamenssuche mit den Initialen der Beteiligten ihren Anfang nahm, und dann über eine Erzählung von Nikolai Gogol bei The Nose landete, was den Albumtitel «Blow» – kein schlechter Film mit Johnny Depp – fast unmittelbar nach sich zog. Aktuell wird an einer Serie von 3 online erhältlichen EPs mit jeweils 4 Songs gerabeitet, die dann zu einem Album zusammengefasst werden. In Wien gibt’s demnächst die Gelegenheit, seinen Spaß mit The Nose zu haben. Womit der Abend dann zunehmend zu einem dieser lässigen Abende wird, an denen Gespräche mühelos vom Banalen zum Erhabenen und retour mäandern und die ähnlich viel Spaß machen wie der Rock ’n‘ Roll selbst, um den sie sich (auch) drehen. Das Fußballspiel hat Österreich auch noch gewonnen!
Foto: Mario Lang
The Nose: «Blow», Gash Records
Live: 9. 10., Chelsea
www.the-nose.at