Musikarbeiter unterwegs mit einer Ukulele um die Welt
Das Werk der Musikerin Stefanie Sourial ist noch schmal, aber schon substanziell. Nach einem Minialbum arbeitet die Künstlerin an neuen Songs.Der erste Versuch, Stefanie Sourial im Augustin zu porträtieren, scheiterte, weil die 1981 geborene Künstlerin in London war, um Theater zu spielen. In Krems aufgewachsen, absolvierte sie, mit 14, 15 vom Donaufestival auf nicht traditionelles Theater angejunkt, die Performance-Schule Ecole Jacques Lecoq in Paris. In freundschaftlichem Kontakt mit den Kolleg_innen von damals spielte sie in der Hauptstadt des Vereinigten Königreichs Theater, eine in der Nacherzählung an einem Jänner-Wintermittag immer noch «surreal perfekte» Erfahrung. Alle Vorstellungen des Work in Progress ausverkauft und der Eindruck einer Szenerie, in der Publikums- und Medienöffentlichkeit aktiv und offen auf der Suche nach Neuem sind, samt Förderstrukturen, die dem zuarbeiten. Im Sommer gehts weiter, das Stück abschließen und auf Festivals aufführen, unter anderem in Edinburgh. Dabei versucht Sourial gerade mit Nachdruck in Wien anzukommen, steht 2013 für sie im Zeichen der Konsolidierung auf mehreren Ebenen. Unweit ihrer Wohnung, die sie sehr mag und mangels Budget mit Fundstücken gerade möbliert, erzählt sie im Phil an der Gumpendorfer Straße, in der schönen Umgebung von Platten, Büchern und Filmen von den materiellen und motivationstechnischen Löchern zwischen den Projekten und davon, dass Geld, wie für so viele Künstler_innen ohne fixe Engagements, ein Thema ist. Aktuell steht das Erarbeiten neuer Lieder im Vordergrund, sie sitzt gerade an einem Text, der sich auch aus der Erfahrung dieses Wiederkommens speist und der Wahrnehmung der Freund_innen, die hiergeblieben und weitergekommen sind. «Irgendwas hab ich verpasst», sagt sie lachend, «die sind erwachsen geboren und ich nur alt.»
Klavier und Ukulele
Stefanie Sourials Vater stammt aus Ägypten, ihre Mutter ist Halb-Italienerin, Halb-Österreicherin, nach Krems hat es die Familie verschlagen, weil für den Arzt nur dort eine eigene Praxis zu finden war, die Erfahrungen mit den lieben Kolleg_innen zuvor in einem Wiener Krankenhaus waren nicht so knusprig. Was sich in den Schulerlebnissen Stefanies widerspiegelt, für ihre Schwester, «die noch dunklere Haut hat», oft noch unangenehmer als für sie selbst. Neben einem Alltag, den sie sich als Kind zur Inszenierung stilisierte, samt häufigen Kostümwechseln, von der Mutter wohlwollend wahrgenommen, gab es ein Klavier, an dem sie stundenlang spielte. Gelernt wurde das Instrument wohl, wobei Sourial ihrem Gehör mehr und grundsätzlicher vertraute als den aufgeschriebenen Noten. Im Chor im musischen Zweig der Schule sang sie Alt, mit den Buben. «Alles was ich mach, kann ich nicht gscheit», formuliert sie. Reisen ins Ausland waren durch die Familie begünstigt, schon als 12-, 13-Jährige formulierte und betrieb sie Projekte mit Freund_innen außerhalb Österreichs, was ihre Biographie weiter durchziehen und prägen sollte. Darunter ein «Sozialprojekt» in Kairo, aus der Arbeit mit Müll leitete sie nach Wien zurückgekehrt die Kompetenz ab, für die MA 48 Straßen zu fegen, auch weil es der einzige sich bietende Job war, zu dem sie einen Bezug hatte. «Damals habe ich mehr verdient als jetzt, und das mit einem Stundenlohn von 4 Euro 60.» Vor gut 3 Jahren, noch knapp vor dem Ukulele-Hype, verfiel sie auf das Instrument, «weil es nur 4 Saiten hat und leicht zu lernen war», schrieb und spielte mit einer Tenorukulele, um exakt zu sein damit ihre wunderbaren Songs und dockte über das soziale Umfeld sie lebte in einer WG mit Veronika Eberhart, heute bei Plaided und Solo-Musikerin tätig an die D.I.Y.-Szene mit queer-feministischem Einschlag an. Ein Resultat davon ist Stefanie Sourials erster Tonträger, die 2011 bei Fettkakao erschienene CD «Amsterdam» mit 6 Liedern. Von Opener «Super Mario» mit den Zeilen «And it all makes me tired, and it all makes me mad, I wanna be fired, I wanna go back to bed» («fired» auch als «freier» zu hören ) über das wunderbar ungeschützte Liebeslied «Inside Beside» («and when you smell like me »), das befreiende «Masturbate» bis hin zum abschließenden Titelstück «Amsterdam», das nur mit Stimme «mei Madl» dazu auffordert, doch nicht nach Amsterdam zu fahren, sondern stattdessen nach Hallein und dort zu «tanzen, so lang du willst, die ganze Nacht». Herzerwärmend, so wie die CD eines der vielleicht übersehenen Prunkstücke des jüngeren Wiener Musikschaffens ist, dessen Entdeckung sich lohnt. Stimme und Tenorukulele sind unverändert Sourials Instrumentarium für die im Entstehen begriffenen neuen Lieder, zusätzlich arbeitet sie mit einer Loopstation. Bleibt zu hoffen, dass Stefanie Sourial so in Wien ankommt, wie sie sich das wünscht und dann anders wieder fortfahren kann. Das große Fahrwell geht weiter.
Stefanie Sourial, «Amsterdam» (Fettkakako, 2011)
https://soundcloud.com/stretzensnog