Der Weltklimarat warnt, der Kanzler sollte zuhörentun & lassen

Illustration: Thomas Kriebaum

Klimazone (April 2023)

Führende internationale Forscher:innen haben im neuen Weltklimaratbericht den derzeitigen Stand der Wissenschaft zur Klimakrise zusammengefasst. Fazit: Es sieht düster aus. Derzeit stehen wir bei einem durchschnittlichen Temperaturanstieg von 1,1 °C, was in allen Regionen der Welt zu Wetter- und Klimaextremen führt. Die damit verbundenen Auswirkungen und Schäden für Natur und Menschen sind überall spürbar.
In Österreich starten die Landwirt:innen heuer mit großflächiger Trockenheit und ­einem historisch niedrigen Grundwasserspiegel in die neue Pflanzsaison. Im letzten Jahr hatten viele Regionen mit Überflutungen und Murenabgängen zu kämpfen.
Dürren, Extremwetter, Überflutungen und Waldbrände werden in Zukunft noch häufiger und heftiger werden, denn wir steuern auf 3 °C Erhitzung bis zum Ende des Jahrhunderts zu. Das fast vollständige Abschmelzen der Eisschilde von Grönland und der Westantarktis ist damit vorprogrammiert. Die Zunahme des Meeresspiegels setzt Küstenstädte wie Shanghai oder New York und Staaten wie die Niederlande oder Bangladesch massiv unter Druck. Aber auch Nahrungsmittelknappheit und der Zusammenbruch internationaler Lieferketten werden in einer um 3 °C heißeren Welt wohl auf der Tagesordnung stehen.

 

Es gibt keinen Spielraum für die neue Förderung von Kohle, Öl oder Gas

Von all diesen Folgen sind arme Menschen am ­stärksten ­betroffen – sowohl global als auch in Österreich. Und das Schlimmste: Die bisher umgesetzten Klimaschutzmaßnahmen sind zu gering, um an diesem Kurs etwas zu verändern! Allein die bereits vorhandene Infrastruktur zur Förderung fossiler Brennstoffe reicht aus, um die Schwelle der Erhitzung von 1,5 °C zu überschreiten. Es gibt also keinen Spielraum für die neue Förderung von Kohle, Öl oder Gas.
Der Bericht vermittelt aber auch ein wenig Hoffnung. Mit ­raschen Maßnahmen kann das Pariser Klimaziel noch erreicht werden. Dafür müssen die Emissionen jedoch bis 2030 auf die Hälfte reduziert werden und bis 2050 auf Null sinken. Die österreichische Regierung hat sich eigentlich vorgenommen, das bis 2040 zu schaffen. Doch statt endlich anzupacken und Maßnahmen zu setzen, verteidigte Karl Nehammer in seiner Kanzlerrede vollkommen visionslos ­unser «Autoland», zitierte Klimakrisenleugner und redete wissenschaftliche Tatsachen klein.
Trotz vielbemühter Technologieaffinität der ÖVP wurde in keinem Wort erwähnt, dass wir schon lange über alle notwendigen Innovationen verfügen. Laut dem Weltklimarat werden die größten CO2-Reduktionen in Zukunft durch den Ausbau von Solar- und Windenergie, den Schutz und die Wiederherstellung von Wäldern sowie diverse Formen von Energieeffizienz erreicht.
Das Zeitfenster für die Klimawende wird jedoch schnell kleiner. Es braucht mehr denn je Taten, um der Klimakrise entgegenzuwirken. Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz muss den Ausstieg aus 900.000 Gas- und 600.000 Öl-Heizungen sicherstellen. Die 5,7 Milliarden Euro, die noch immer in Klimaschädigung fließen, müssen zukunftsfit investiert werden. Und für die Erreichung von Klima­neutralität 2040 braucht es ein wirksames Klimaschutzgesetz. Eine Kanzlerrede, die diesen Namen verdient, hätte das als Inhalt gehabt.