Die Antwort ist 42Artistin

Am 25. Mai fand, wie jedes Jahr, der «Towel Day» statt – ein internationaler Gedenktag zu Ehren von Sci-Fi-Autor Douglas Adams und seinem Kultbuch Per Anhalter durch die Galaxis. An diesem Tag wird schon mal mit interstellaren Cocktails durchs Universum gereist – und natürlich mit Handtuch. Ein Lokalaugenschein zum Feiertag im Berliner Hackspace c-base.

TEXT & FOTOS: Barbara Eder

Handtücher sind brauchbare Gegenstände des Alltagslebens: Sie reiben Meersalz aus Augenwinkeln und Süßwasserreste von der Haut; als unverzichtbar erweisen sie sich nicht nur an Baggerseen und Badestränden, sondern auch bei Ausflügen andernorts. In Douglas Adams 1979 erschienenem Roman Per Anhalter durch die Galaxis bestreitet Protagonist Arthur Dent seinen Trip durchs Universum mit nicht mehr als einem Handtuch im Gepäck; als er es ausbreitet, weht ein Wind ihn mitten in die Zukunft.
Für interplanetare Tramper:innen sind Handtücher seither mehr als nur nützlich: Nachts kann man sich damit zudecken und tagsüber darauf ausruhen; in Nähe kalter Monde wärmen sie, vor Stürmen auf Marmorsandstränden schirmen sie ab. Auf hoher See kann ein Handtuch zu einer Luftmatratze werden, in toxischer Umgebung legt es sich schützend vor den Mund. Arthur Dents fliegender Teppich ist niemals nur Vehikel, sondern immer auch Signal – gehisst am Mast eines Raumschiffes auf unbekanntem Kurs.

Popkultur und Datenstruktur.

The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy – so der Originaltitel – ist ein Reiseführer für alle, die diese Erde nicht freiwillig verlassen. Im Buch hat die außerirdische Spezies der Vogonen in ­einem Akt der feindlichen Übernahme mit ihrem Umbau begonnen – eine interstellare Umfahrungsstraße soll errichtet und die Erde zu diesem Zweck gesprengt werden; Arthur Dent landet per Anhalter gerade noch rechtzeitig auf einem Vogonen-Raumschiff. Das insgesamt fünf Bände umfassende Werk dient in diesem Fall als praktisches Nachschlagewerk. Bislang hat es nicht nur Phantasiereisen inspiriert, sondern auch Veränderungen in nächster Nähe: Zwei Schülerinnen aus Salzburg – eine davon ist heute Augustin-Redakteurin – zeigten sich von der Verfilmung des ursprünglich aus einer BBC-Hörspielserie hervorgegangenen Romans derart begeistert, dass sie Anfang der Neunzigerjahre per Inserat im Rennbahn-Express zur Fanclubgründung aufriefen – dazumal noch ohne Resonanz; ihre Ambitionen trugen anderswo Früchte: Heute ist die Zahl 42, die in Adams Buch eine prominente Rolle spielt, aus vielen Software-Paketen nicht mehr wegzudenken. Als Platzhalter für eine Variable mit beliebigem Wert fand sie Eingang in so manche Datenstruktur und ins popkulturelle Gedächtnis – «Die Antwort ist 42» wird in allen möglichen Zusammenhängen zitiert. Nach dem Sinn des Lebens befragt, antworten auch gesprächige Bots wie Siri oder Alexa mit dieser zweistelligen Ziffer; ein Supercomputer namens «Deep Thought» hat sie in Per Anhalter durch die Galaxis errechnet, als Antwort auf die Frage nach «dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest».

Towel Day.

Arthur Dents Abenteuer sind in die Jahre gekommen, die Tür am Ende seiner Galaxie haben dennoch nur wenige erreicht. Zu Beginn des zweiten Bandes speist der irdische Protagonist mit seinem außerirdischen Freund Ford Prefect im «Restaurant am Ende des Universums». An einem Tag im Jahr scheinen die Pforten des «Milliways» indes für alle geöffnet. Er datiert auf den 25. Mai und ist als Towel Day bekannt – einem Jahrestag zu Ehren von Douglas Adams und seinem legendären Reiseführer. An diesem Tag kommen Adams-Fans weltweit mit Handtuch über der Schulter zur Arbeit oder schmücken damit den öffentlichen Raum; demgemäß hat auch das bauchige Gebilde in der Berliner Rungestraße am 25. Mai kaum jemand ohne Handtuch betreten. Von Außen fast nicht zu erkennen, befindet sich dort der selbstverwaltete Hackspace c-base, der seit Mitte der Neunzigerjahre Zufluchtsort für unzählige Computerbastler:innen und Sci-Fi-Fans geworden ist. Die Crew des Motherships lockt an diesem Tag nicht mit einem Menü vom anderen Ende des Universums; stattdessen steht eine Cocktail-Bot-Show nach Rezepten von Douglas Adams am Programm. Die Tür blinkt, als ich eintrete; es hätte mich nicht gewundert, wenn sie sich – wie im Buch – freundlich bei mir bedankt hätte.

Pangalaktische Donnergurgler.

Das Ende der Welt ist nahe, in der ­c-base feiert man es freudig. Das im Roman vom Weg abgekommene «Herz aus Gold» – so der Name des Vogonen-Raumschiffs – soll erneut auf Kurs gebracht werden, und dazu braucht es frischen Sprit. Ich schalte auf Autopilot und schicke mein Gehirn auf Kurzurlaub. Er beginnt mit einem «Pangalaktischen Donnergurgler», der es in sich hat. Das Mixgetränk aus dem Anhalter wird vor Ort auf offener Bühne zubereitet und anschließend kollektiv verkostet. Beim «Space Drinc Contest» treten intergalaktische Cocktail-Shaker:innen gegeneinander an, die Adams ’ dürftige Rezepturen mit neuen Inhalten füllen. Cocktail-Bots mixen Getränke gemeinhin nach Maßgabe des Vorhandenen; die Zutaten der «Space Drincs», die von menschlichen Mixer:innen hergestellt ­werden, bleiben hingegen spekulativ. Man nehme den «Inhalt einer Flasche Alten Janx-Geist», füge «santraginesisches Meerwasser» hinzu und ergänze um «drei Würfel arkturanischen Mega-Gin», heißt es im Roman. Douglas Adams hat seinen «Pangalaktischen Donnergurgler» am Ende mit ein paar Tropfen «qualaktinischem Hyperminz-Extrakt» und dem «Zahn eines algolianischen Sonnentigers» verfeinert.
Die Mischung macht’s, doch anders als der Melitta-Mann: Aus dem «Space Drinc Contest» sind ausschließlich Sieger:innen hervorgegangen, prämiert mit alten Krawatten, elegant um Kopf oder Bauch gebunden. Der Bewertungsalgorithmus war von Anfang an transparent: Auf Aussehen, Geschmack und Geschichte des Gemixten kam es an, ganz besonders aber auf die originelle Verwendung eines Handtuchs im Prozess der Verfertigung. Mal steckte es alkoholdurchtränkt in einer Kristallvase, dann wiederum wedelte es wild durch die Luft wie ein Lasso; wirft man es rückwärts in eine unbekannte Galaxie, käme dieses Handtuch vielleicht sogar mit doppelter Geschwindigkeit zurück. ­Gegen Ende des Towel Day haben einige Cocktail-Bots sich sogar in Coffee-Bots verwandelt. Unter den Fingern der «Space Drinc»-Gewinner e-punk und ex tanzten Marionetten mit Köpfen aus Bialetti-Maschinen zum laut eingespielten Star-Wars-Theme. Am Ende war 42 keine Antwort der ­Arithmetik mehr, sondern eine der Akrobatik. 

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