Musikarbeiter unterwegs … am Boden und in die Lüfte
Zum 20-jährigen Jubiläum gibt es von Klaus Tschabitzer und seiner Band der schwimmer ein neues Album. A Heaz rührt an eben diesem und versöhnt beinahe mit 2021.
TEXT: RAINER KRISPEL
FOTO: MARIO LANG
Wie es sich für ein ordentliches Meisterwerk gehört, wird am Anfang eingezählt. Damit die Musik einen Takt, ein Tempo hat. Mit einem relativ gelassenen «1, 2, 3, 4» schickt Tschabitzer die Musik los. Bei den folgenden zwölf Liedern singt er, spielt Gitarre und
Banjo, hat die Texte geschrieben und den Kolleg_innen Arrangements geliefert. Träumen, weil das ewig bleibt heißt das erste Lied. Schon möchte ich beim Hören des Stücks einfach so ein wenig niederknien und mein Glück, das Universum und die Hervorbringer_innen dieser Musik jubilierend preisen. Horcht nur, schon winken die letzten Zeilen der ersten Strophe dem Refrain: «Wir spür’n nicht, wie die Zeit vergeht, und sehen, dass der Mond am Himmel steht, oh ja!, und sehen, dass der Mond am Himmel steht.» Dann kommt er, der Refrain: «Langsam pocht das Herz im Leib, wir träumen, weil das ewig bleibt.» Gesungen von Klaus mit Haldis Scheicher, die beiden sitzen als Paar nicht nur harmonierend in music, sondern oft ganz in echt «vor ihrem Haus und schauen in die Welt hinaus». Zur klaren Schönheit des Liedes tragen die von Herbert Wiesenberger gedrückten Tasten ebenso bei wie, da wette ich mit mir selbst um ein großes Getränk meiner Wahl, die Gitarre von Gottfried Gfrerer, der zur erweiterten der schwimmer-Besetzung gehört.
Sonst san Künstler nette Leit, trinken Schnops und haum vüü Freid.
Schnaps haben wir keinen getrunken, dafür ist der Kaffee ausgezeichnet, als sich die Musikarbeiter in der Schmuck-Werkstatt von Haldis Scheicher mit dem derzeitigen Kern von der schwimmer treffen: Klaus, Herbert («sowieso schwimmer-Urgestein und Spitzen-Keyboarder», sagt Klaus) und Drummer Florian Tuchacek. Nicht anwesend, aber immer mehr und öfter dabei: der schon erwähnte Gottfried Gfrerer. Haldis singt bei mehreren Liedern und spielt beim wunderbaren Der Ballon Geige. Klaus, dessen Heaz heuer sein 60-jähriges Schlagen feierte, erzählt, dass im Album etwa drei Jahre Arbeit stecken, manche Lieder noch älter sind und dass er und Saxofonist Walter Lameraner, als Ex-Drummer Florian Röthel «Richtung Popstar» abgezogen ist (er spielt bei den exquisiten Buntspecht), eigentlich gedacht haben, das war’s mit der Band. Mit «Wahnsinns-Schlagzeuger» Tuchacek – kein neuer Vorname zu merken – konnte es aber weitergehen, und wie! «I bin ganz, ganz beseelt, das ist wirklich eine super Band.»
Do hot da Jesus glocht und a Zigarettn graucht.
Alle Genannten, Trompeter Pepi Abicht nicht zu vergessen, sind auf A Heaz zu hören. Aufgenommen in Eigenregie in räumlich engen Proberaum-Verhältnissen. Was dem eingefangenen wunderbaren Sound überhaupt keinen Abbruch tat. Von Patrick Pulsinger mit Mastering far beyond the call of duty in eine schlicht umwerfende Form gebracht, die sogar auf meinem Billigrechner geil und warm und nach Leben klingt. Und «ganz»! Sprich, die unterschiedlichen der schwimmer-Formationen formulieren am Album EINE Musik, eine reiche, volle, und nennen wir diese jetzt einfach wortfindungsfaul und genrevokabelmüde Rock’n’Roll. So einer, als wenn der im armen Österreich eine ungeschriebene Parallelgeschichte zu der in den USA hätte. Und Jazz, aber hallo! Bei Die Künstler lassen Herbert die Tasten und Walter das Sax frei, und da möchte mensch ihnen lauthals begeistert «Schaff dich!» zurufen, wie Neal Casssady in der deutschen Übersetzung von On The Road den Musikern, die ihn euphorisieren. Neben dem Einzählen für ein Meisterwerk ebenso essentiell, schaut dann selbst Jesus, gar nicht unsympathisch, auf einen Sprung vorbei (I hob den Jesus gsegn). Dass die unerwähnten Lieder – eins noch schnell: Drah di um, weil: Hit!, ok Lauwoam ist eigentlich auch ein Wahnsinn, und nix gegen Die Wanderin – ebensolche Schätze sind wie die hier gestreiften, das können Sie mir schon gerne glauben! Jesus nickt zustimmend und sucht den Aschenbecher. Wir müssen noch Foto machen, die Musiker_innen gruppieren sich, der Texter erfindet das Bodenschwimmen, und der von Raja Schwahn-Reichmann gestaltete schwimmer-Ballon hebt gleichzeitig ab. Cosmic austrian music – eh auch, oh ja! A Heaz macht glücklich, der schwimmer detto.
der schwimmer: A Heaz (Early Morning Melody)
Live: 5.11., Kunsttankstelle Ottakring, www.kunsttankstelleottakring.at
www.schwimmer.at