Der Bulgare Lyuben Stoev zeigt keine blühenden Landschaften
Viele von denen, die in Wien die «niedrigsten» Arbeiten verrichten oder auf den Straßen Wiens betteln, stammen aus Bulgarien. Dass es sowohl der NATO als auch der EU angehört, hat das Land nicht davor bewahrt, ökonomisch immer mehr abgehängt zu sein. Während im EU-Land Dänemark der durchschnittliche Bruttostundenverdienst 25 Euro beträgt, liegt er in Bulgarien bei 1,50 Euro. Viele Lebensmittel in den Supermärkten sind in Bulgarien aber so teuer wie im Westen.Seit dem Fall des eisernen Vorhangs hat Ilija Trojanow, der meistens in Wien lebende Schriftsteller, sein Herkunftsland regelmäßig bereist. Sein bitteres Resümee: «Die alte Nomenklatura herrscht nach wie vor überall, die Wirtschaft ist nicht privatisiert, sondern piratisiert, es gibt keine Aufarbeitung der Vergangenheit, sondern eine fatale Mischung von Korruption und Elend». In seinem Buch «Die fingierte Revolution» beschreibt Trojanow, wie ein Staat aussieht, in dem laut Brüssel eine «funktionierende Marktwirtschaft» herrscht.
Trojanows Landsmann, der 1939 geborene, in der Hauptstadt Sofia lebende und arbeitende Künstler Lyuben Stoev, verarbeitet in seinen Bildern und Installationen die Auswirkungen der «Kapitalisierung» seines Landes nach dem Zusammenbruch des an der Sowjetunion orientierten «Sozialismus». In seinen Arbeiten findet man alles andere als jene «blühenden Landschaften», die die westlichen Berater und Investoren versprachen. Stoev kann auf ein abenteuerliches Leben zurückblicken. Der Langeweile der «Diktatur des Proletariats» entzog er sich durch Fahrten auf bulgarischen Handelsschiffen, die Waffen in die «Bruderstaaten» lieferten, etwa nach Kuba. 2004 stellte er zum ersten Mal in Wien aus (Kleine Galerie), am Gaußplatz ist er bis Ende Februar mit Malerei und Installation zum Brecht´schen Thema «Die im Dunkeln sieht man nicht» zur Stelle. Aus Anlass der Vernisssage kommt es zu einem Gespräch mit der Filmemacherin Ulli Gladik und dem Autor Ilija Trojanow.
Dass sich die Sofioter_innen in den Transformationsprozessen die Gemütlichkeit nicht nehmen lassen, zeigt Stoev bei der Ausstellungseröffnung mit russischen und bulgarischen Liedern, die er mit seinem Akkordeon begleitet.
Di., 27. Jänner 2015
Lyuben Stoev
Die im Dunkeln sieht man nicht
Ausstellungs-Eröffnung
19.30 Uhr
1200 Gaußplatz 11
Mi. 28. Jänner 2015
Georgi Stoev (Bruder Lyubens)
Bread and TV
Filmvorführung
19 Uhr
Haus Wittgenstein
1030 Parkgasse 18