Die Kunst des Holzschwemmensvorstadt

Klausennostalgie rund um Klausen-Leopoldsdorf

Ein relativ verborgenes Holzindustriedenkmal  im Wienerwald besuchten Helga Rauchberger (Fotos) und Werner Rauchberger (Text) – die Holztriftanlagen an der Schwechat und ihren Zuflüssen.

Die kleine Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf, am Oberlauf der Schwechat im tiefsten Wienerwald, ist hauptsächlich den Hörer_innen des Wetterberichtes ein Begriff, beherbergt sie doch seit einigen Jahren eine Wetterstation der ZAMG. Meist fallen dabei die tiefen Temperaturen im Vergleich zu anderen Landesteilen auf. Dicht an der Außenringautobahn gelegen hat Klausen-Leopoldsdorf aber noch eine andere Besonderheit aufzuweisen – eine raffiniert konzipierte Klausenanlage, die als eine der größten und besterhaltenen von ganz Mitteleuropa gilt. Ausschlaggebend für die Errichtung dieser Anlage war der gestiegene Holzbedarf zur Zeit des Habsburgkaisers Leopold I. im 17. Jahrhundert. Als dem Kaiser der Plan vorgelegt wurde, Holz aus dem Herzstück des Wienerwaldes mittels einer Triftanlage auf der Schwechat ins flache Land zu bringen, musste er auch zustimmen, dass für die Holzarbeiter Unterkünfte geschaffen wurden. Diese Siedlung wurde errichtet und erhielt den Namen des Kaisers «Leopoldsdorff in der Claußen».

Import aus dem Salzkammergut.

Die ersten Holzfäller und Zimmerleute kamen aus dem Salzkammergut und brachten auch ihre Werkzeuge für den Bau der ersten Klause selbst mit. Diese Facharbeiter beherrschten auch die Kunst des Holzschwemmens. In den Tälern der Hochalpen wurde diese Art des Holztransportes schon lange praktiziert. Dort gab es allerdings, im Gegensatz zu den kleinen Wienerwaldbächen, genug Wasser dafür. Ein ausgeklügeltes System musste deshalb her. Die erste Klause war ursprünglich nur ein einfacher, holzverstärkter Erddamm mit großem Holztor. Im Laufe der nächsten Jahre wurde dann eine komplexe Anlage errichtet, die eine Hauptklause – die Große Klause – und 13 gemauerte Nebenklausen, die alle Zubringerbäche der Schwechat rund um Klausen-Leopoldsdorf erfasste, errichtet. Die Nebenklausen sammelten die entsprechenden Wasser- und Holzmengen, um die Große Klause unterhalb von Klausen-Leopoldsdorf zu befüllen, und im Jahre 1667 erfolgte die erste Holztrift. Das gesamte Prozedere war aus heutiger Sicht extrem schwierig. Im Winter wurde das Holz geschlägert, auf einen Meter lange Scheiter geschnitten und mit Schlitten zu den Vorklausen gebracht. Die Holztrift erfolgte dann zur Zeit der Schneeschmelze. Durch das Öffnen der Vorklausen nach einem speziellen Zeitplan wurde das Wasser mit dem Holz in einem ständigen Fluss zur Großen Klause transportiert. Nachdem die Holzknechte keine Uhren hatten, mussten die Signale zum Öffnen von jeder der Klausen durch Rufen, Winken oder Hörner gegeben werden. Ein Großaufgebot von an markanten Punkten aufgestellten Arbeitern war für dieses «Telefon» notwendig. Wenn dann die Hauptklause voll war, wurde auch sie geöffnet, und die Holzmassen konnten bis zu dem 20 Kilometer weit entfernten Rechen und Auffangbecken bei Baden getrieben werden. Etwa 300 Holz-und Schwemmknechte waren für eine solche Trift notwendig, und diese Arbeit war auch extrem anstrengend und gefährlich. Am Tag vor der Trift mussten zusätzlich von sogenannten Schwemmboten alle Bewohner_innen entlang der Schwechat verständigt werden, um das Schauspiel der Wasserfluten mit den Holzmassen aus sicherem Abstand zu beobachten. Auch für die Kurgäste in Baden war das damals ein imposantes Spektakel. War das Holz einmal in Baden, wurde es auf Kähne geladen und über den Wiener Neustädter Kanal bis Wien geschifft. Diese Methode war, neben der Zeit-und Arbeitsersparnis, wesentlich kostengünstiger als der herkömmliche Transport auf Straße. Man kann also durchaus von einer Revolution des Transportwesens der damaligen Zeit sprechen.

Von anderer Baustelle.

Im Jahre 1756 wurde die Große Klause unter Kaiserin Maria Theresia in eine Massiv-Klause aus Stein umgebaut. Ursprünglich waren ja alle Bauten aus Erde und Holz errichtet, und als man begann, auch die Nebenklausen in Steinwerke umzurüsten, bediente man sich oft bei anderen Baustellen innerhalb der Monarchie. So wurden für das Tor der Hainbachklause Steine von der 1857 geschleiften Wiener Stadtmauer verwendet. Die Steine liegen in der Zwischenzeit kreuz und quer im Bach, und es ist heutzutage mit einiger Phantasie verbunden, sich das funktionale Ensemble von damals vorzustellen.

Die letzte Trift auf der Schwechat fand 1939 statt, nachdem in der gesamten Betriebszeit von 272 Jahren über acht Millionen Raumfestmeter Holz transportiert wurden. Dann fielen die Klausen, unbeachtet in der Landschaft, in einen Dornröschenschlaf, und die Natur ergriff von ihnen teilweise wieder Besitz. Glücklicherweise erinnerte man sich doch wieder an diese Bauwerke. Als Erstes wurde im Jahre 2006 die große Klause wieder hergestellt und drei Jahre später auch die Schöpflklause revitalisiert. Bis allerdings alle Klausen, falls überhaupt, renoviert sind, wird es aber sicher einige Zeit dauern, denn die Kosten pro Bauwerk kann man auf bis zu 300.000 Euro veranschlagen. Als Rückhaltebecken bei massiven Regenfällen bieten sie aber auch Schutz vor Hochwasser. Nachdem auch der Wienerwald in den letzten Jahrzehnten nicht verschont geblieben ist, können die Anlagen also einer durchaus sinnvollen Funktion zugeführt werden.

Finde die Klause!

Die Geschichte und die Auflistung aller 14 Klausen lassen sich am besten im Holztriftmuseum studieren. Gegen einen kleinen Obolus findet man dort viele Fotos, Pläne und Objekte zur Brennholztrift vor. Möchte man die Klausen im Detail besichtigen, sollte man unbedingt eine Wienerwald-Wanderkarte im Gepäck haben. Leider sind dort nur die großen Klausen namentlich vermerkt, doch die Bäche, in denen alle anderen Anlagen liegen, sind eingezeichnet und können eigentlich problemlos aufgespürt werden. Im Prinzip gilt die einfache Faustregel: Hast du den Bach geortet und kannst du dir vorstellen, wo man ihn am besten aufstauen kann, dann findest du auch die Klause! Die sehenswertesten Klausen, die man sich auf alle Fälle ansehen sollte, sind neben der Großen Klause die Riesenbachklause, die Großkrottenbachklause, die Schöpflklause und die Gaisrückenbachklause. Für die beiden Letztgenannten ist ein Fußmarsch von ca. 15 bis 20 Minuten einzuplanen, da die Forststraßen nicht öffentlich befahrbar sind. Nachdem die Landschaft hier aber sehr reizvoll ist, stellt das aber eher einen Vorteil dar. Grundsätzlich ist dieser Winkel des Wienerwaldes mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur sehr ungenügend erschlossen, deswegen ist eine Klausen-Rundtour auch nur mit dem PKW empfehlenswert. Wenn man dann aber von dem Klausen-Jagdfieber gepackt ist, vergehen die Stunden sehr schnell – ein ganzer Tag ist dann unbedingt einzuplanen.

Die höchste Erhebung des Wienerwaldes. Nicht nur der Besuch der historischen Industrieanlage lohnt sich. Wenn man Gefallen an dieser einsamen Wienerwald-Gegend findet, kann man einige sehr schöne Wanderungen unternehmen. Der Schöpfl – mit 893 Metern die höchste Erhebung des Wienerwaldes – ist zu jeder Jahreszeit ein empfehlenswertes Ausflugsziel. Geht man vom Holztriftmuseum durch den Salygraben weiter, erreicht man schon nach eineinhalb Stunden die Schöpflhütte und die aussichtsreiche Matraswarte. Für den Wanderfeinspitz, der gerne auf unmarkierten Wegen unterwegs ist, gibt es von Klausen-Leopoldsdorf aus ein echtes Schmankerl. Den Besuch des Rossgipfels sollte man sich nicht entgehen lassen! Obwohl nicht sehr spektakulär, hatte diese Erhebung über lange Zeit eine Besonderheit aufzuweisen, nämlich das einzige Gipfelbuch im Wienerwald!

 

Quellen: Karl und Fritzi Lukan: Geheimnisvolles rund um Wien. Pichler Verlag, 2004

Das Holztrift- und Forstmuseum Schöpflklause befindet sich direkt an der Forststraße zum Figl-Observatorium und ist von April bis Oktober jeden 1. und 3. Sonntag im Monat in der Zeit von 14 bis 16 Uhr oder nach Vereinbarung geöffnet.

Tel.: (0 22 57) 67 002