In Banská Štiavnica wurde einst Gold und Silber abgebaut, heute lockt die slowakische Stadt, 250 km östlich von Wien, mit ihrem historischen Erbe.
Das Land ist so schön billig. Das war für manche früher der Grund, in die Slowakei zu reisen. Inzwischen bezahlt man dort in den Lebensmittelgeschäften genauso viel wie bei uns. Bleiben zwei andere Gründe, die für unser Nachbarland sprechen: die gut ausgeschilderten Wanderwege und die vielen Thermalbäder. Beides findet man in den Schemnitzer Bergen, rund 250 Kilometer östlich von Wien. In dem Landschaftsschutzgebiet lässt sich herrlich wandern, und in dem dortigen Kurort Sklené Teplice kann man in 42 Grad Celsius heißem Thermalwasser seine Knochen auf Vordermann bringen oder einfach selig vor sich hindösen.
Das eigentliche Highlight dieser Gegend dürfte allerdings Banská Štiavnica (Schemnitz auf Deutsch) sein, die silberne Stadt, wie sie gerne in Reiseführern genannt wird. Eine alte Bergbaustadt mit großer Vergangenheit. Einst wurde hier Gold und Silber abgebaut, so viel wie nirgends sonst auf der Welt. 20.000 Einwohner:innen zählte die Stadt noch vor 300 Jahren, damit war sie die drittgrößte des Königreichs Ungarn. Ja, dieses Gebiet gehörte vormals zu Ungarn, damit auch zur Habsburger Monarchie. Kaiserin Maria Theresia war es, die 1762 die Bergbauschule des Orts zu einer Bergbauakademie erhob, der weltweit ersten ihrer Art – Ursprung des wissenschaftlichen Montanwesens.
Spezialwissen war zu jener Zeit gefragt, denn zum Abbau der edlen Metalle musste man immer weiter in den Berg dringen. Der einfache Meißel tat es nicht mehr, besseres Werkzeug musste her. Auch wurde es notwendig, zum Ausbau der Stollen das Grundwasser abzupumpen. In künstlich angelegten Tajchys (vom deutschen Teich) wurde es gesammelt und als Energiespeicher zum Antrieb der Maschinen genutzt.
Heute gibt es etwa 30 Tajchys rund um Banská Štiavnica. Doch mit dem Abbau von Gold und Silber ist es vorbei. Nach der einen Datenquelle schloss hier das letzte Bergwerk 1994, nach der anderen 2001. In jedem Fall ist die Einwohner:innenzahl mittlerweile auf die Hälfte geschrumpft. Heute lebt der Ort von seiner glanzvollen Vergangenheit.
Wo früher hart gearbeitet wurde, das ist heute Museum. Ausgestattet mit Helm und Grubenlampe können Besucher:innen in den Stollen einfahren. Als wir zu dem etwas außerhalb gelegenen Bergbaufreilichtmuseum fahren, stehen wir allerdings vor verschlossenen Toren. Besuch nur nach Voranmeldung. Eine Führung erst ab fünf Besucher:innen.
Eigenwillige Schönheit
Also zurück in die Stadt. Sie schmiegt sich regelrecht an die umliegenden Berge. Für die Besucher:innen (wie für die Einwohner:innen) geht es ständig bergauf oder bergab, vorbei an alten Bürgerhäusern und Villen, die vom einstigen Reichtum der Stadt zeugen. Zu empfehlen sind die unzähligen Stiegen, zumeist aus Holz. Sie führen in die äußeren Bezirke, dorthin, wo nicht alles so schön (oder eben weniger schön) herausgeputzt ist wie im Stadtzentrum. Hier ein rostiges Wellblechdach, dort eine bröckelnde Hausfassade – Tableaus von eigenwilliger Schönheit. Ständig sind Entdeckungen zu machen. Da ein gewaltiger Betonskelettbau, gewiss noch aus realsozialistischen Zeiten, nie fertiggestellt, er passt wie die sprichwörtliche Faust auf das historische Ensemble, das 1993 in das Weltkulturerbeverzeichnis der UNESCO aufgenommen wurde und erst im März dieses Jahres durch ein Feuer im Stadtzentrum gewaltigen Schaden erlitt.
Mit Altem und Neuem Schloss, mit Pestsäule und den Barock-Palästen, mit Kalvarienberg und den Tajchys hätte Banská Štiavnica gewiss das Zeug, zu einem zweiten Hallstatt aufzusteigen. Doch das Städtchen liegt im Osten, und der Osten wird noch weithin mit Geringschätzung bedacht. Damit bleibt es ein Geheimtipp.
Einen weiteren Geheimtipp wollen wir hier geben, einen, den wir aus dem wunderbaren Buch 111 Gründe, die Slowakei zu lieben von Jörn Kaufhold haben. Machen Sie doch auf dem Rückweg Station in dem von Banská Štiavnica rund 10 Kilometer entfernten Žarnovica und begeben sich dort auf den gelb markierten Wanderweg in Richtung Lukavica. Rund 100 Meter hinter diesem Dorf biegen Sie nach links ab, in den Wald. Schon nach wenigen Schritten treffen sie auf: eine wilde Thermalquelle. Bei Einheimischen wohl bestens bekannt. Als wir dorthin kommen, baden schon einige in dem Becken, das irgendjemand hier irgendwann einmal gebaut haben muss, gewiss ohne jegliche Baugenehmigung. Die Einheimischen laden uns ein, auch ins Wasser zu kommen, was wir gerne tun. Da sitzen wir im heißen Wasser, mitten im Wald. Und möchten das Becken gar nicht wieder verlassen. Unser Ausflug findet einen herrlichen Abschluss (oder vielleicht auch seinen Höhepunkt).