Augustinverkäuferin Edna
Ich verkaufe den AUGUSTIN seit ungefähr fünf Jahren beim Bahnhof in Liesing – von fünf in der Früh bis neun oder zehn Uhr am Vormittag. Liesing ist sehr klein. In der Früh treffe ich auf all die Leute, die zur Arbeit gehen. Ab ungefähr zehn Uhr sind kaum mehr Menschen da. Am Abend, wenn die Leute von der Arbeit kommen, kann man auch verkaufen. Ich stehe um vier Uhr Früh auf. Das ist schon hart, aber ich muss es tun. In Liesing gefällt es mir. Es ist ruhig und die Leute sind sehr nett. Ich habe viele Stammkund_innen, die wunderbar sind.
Ich begann damals, den AUGUSTIN zu verkaufen, weil ich es leid war, nichts zu tun zu haben, denn ich habe keine Arbeitsbewilligung. Ich bin bald sieben Jahre in Österreich. Mir wurde gesagt: Ich muss die Deutschkurse A1 und A2 machen. Die habe ich gemacht. Aber sie haben meinen Asylantrag abgelehnt. Daraufhin habe ich um humanitäres Bleiberecht angesucht. Ich weiß nicht, ob ich bleiben darf.
Ich komme aus Nigeria, dort habe ich als Friseurin gearbeitet. Meine Chefin sagte mir, dass sie mich nach Griechenland bringen kann, da könnte ich in einem Friseursalon arbeiten, wo ich mehr Geld verdienen würde. Sie sagte, so könnte ich ihr auch die Kosten zurückzahlen. In Nigeria ist das Leben sehr schwer, man kann kaum seine Miete bezahlen, viele kämpfen ums Überleben. Darum habe ich das Angebot akzeptiert.
Aber als ich in Griechenland ankam, fand ich heraus, dass es ein Sexwork-Job war. Ich wollte das nicht machen und bin geflohen. So kam ich nach Österreich. Ich habe meine Geschichte den Behörden erzählt. Ich kann nicht zurück nach Griechenland und auch nicht nach Nigeria. Wenn ich nach Griechenland zurückgehe, wird sie mich zur Prostitution zwingen. Und wenn ich nach Nigeria zurückgehe, wird sie Macht über mich haben und mich finden, denn dort gibt es keine Sicherheit. Jeder ist auf sich alleine gestellt. Sie wird mich entweder töten wollen oder mich zwingen, das Geld zurückzuzahlen, und dann müsste ich mich prostituieren, denn als Friseurin kann ich dieses Geld dort nicht verdienen. Ich habe Angst, aber in Österreich gibt es mehr Sicherheit. Mehr als in Griechenland.
Ich habe gerne als Friseurin gearbeitet. Manchmal mache ich die Haare von Bekannten. Auch Perücken mache ich selbst. Ich gehe regelmäßig in die Kirche und ich habe einen YouTube-Channel, wo ich zeige, wie man Frucht- und Gemüsesäfte macht. Aber ich kann dem nicht viel Zeit widmen, ich habe so viel Stress. Diese Leute (von den Behörden, Anm.) machen mir Stress, denn sie möchten, dass ich nach Nigeria zurückgehe, und davor habe ich wirklich Angst. Ich könnte ihnen sogar zeigen, wo diese Frau in Griechenland wohnt, ich habe ihren Namen, ich habe alles. Ich möchte in Österreich bleiben und mein Leben leben. Das ist mein einziger Wunsch.
Protokoll: Ruth Weismann,
Foto: Nina Strasser