Musikarbeiter unterwegs … voll hinein am Praterstern
Ab 27. April feiert das Fluc am Praterstern – leiwander Ort und leiwande Geschichte der Wiener Stadtkultur – 20-jähriges Jubiläum!
Text: Rainer Krispel
Foto: Mario Lang
Das Treffen mit Peter Nachtnebel und Martin Wagner vom Fluc, mit den groben Zuständigkeiten Musikprogramm (Nachtnebel) und Struktur/Kunst (Wagner), vor Ort verläuft gar nicht rückblickend: Der gewiss prall gefüllte Anekdotensack bleibt zu, der Blick entspannt und klar nach vorne gerichtet. Auf die Arbeit, die wieder und weiter zu tun ist. Die Fluc_Wanne – wir erinnern uns, eine ehemalige Fußgängerunterführung, seit 2005 Live- und Clublocation – ist noch eine Baustelle. 17 Tage nach dem Lokalaugenschein muss hier alles spielen, gilt es das 25-jährige Bestehen des Magazins The Gap (wir gratulieren vor!) zu feiern. Von wegen «muss spielen» – Hektik herrscht keine, eher so etwas wie «geläuterte Betriebsamkeit». Tut es doch einfach spürbar gut, mit halbwegs Planungssicherheit wieder zu arbeiten, und hatte die Pandemie mit all ihren furchtbaren und negativen Implikationen etwas von einem Innehalten. Martin Wagner: «Zuerst einmal war es ein Durchschnaufen, ein bisschen auch aus dem Hamsterrad rauskommen und das eigene Tun reflektieren. Das Anstrengende war dann die Kurzfristigkeit, das Umplanen, die ständig veränderten Regeln.» Dazu, was sich ohnehin durch die Fluc-Geschichte zieht, der abermals erbrachte Beweis, dass das Team mit schwierigen Situationen flexibel und gestalterisch umzugehen weiß. Team – «Wo/Men Power» – sind sechs bis sieben Menschen, die in größerem Stunden- und Arbeitsverhältnis am Schrauben sind, und ein Personenkreis von bis zu 50 Menschen, die die viele Arbeit erledigen, die anfällt mit Livemusik, Kunst, Party/DJ-Kultur und begleitender Gastronomie – die mit den Fluc-Feiertagen das Angebot erweitert.
Building moments.
Begonnen hat das Fluc 2002 in den Räumen des ehemaligen Plattengeschäfts Carola, ein spannender Off-Space in einer damals alles andere als einer urbanen Kuschelzone, dem Praterstern. Vage Musikarbeiter-Erinnerungen an ein Lassiter-Konzert, Girls Against Boys in der Fluc_Mensa, die 2005 gut zehn Monate genutzt wurde, oder an die Rekordumsätze des nahen Gasthauses «Hansy» samt Familientreffen-Flair, weil der Konzertbeginn der Postpunk-Titanen Wire nach hinten rückte. Auftritte eigener Bands und des Stimmgewitter Augustin, meist oben, nicht zu vergessen eine tatsächlich konstruktive Podiumsdiskussion … wie entlegen einem das Fluc schien, und wie es jetzt im eigenen Stadtbild verankert ist … Die Baustelle in der _Wanne, wo das Wire-Konzert dann – und wie! – stattfand, erlaubt den Blick auf eine nahe und konkret schöne Zukunft. Etabliert sie nicht nur seitliche Einsehbarkeit der Bühne, samt Säulen, ein wichtiges Feature vieler self-respecting Live-Venues …
Cutting Edge?
Gib ma a f.e.i.d.l.! Beim dichten fünftägigen Festprogramm vom 27. April bis zum 1. Mai werden beide Locations bespielt, zukünftig werden sich Clubs und Konzerte generell in der dann erneuerten _Wanne abspielen. Oben ist dann neben dem TV-Kleinkunstformat «Pratersterne», das für noch breitere Wahrnehmung des Fluc sorgt, der Platz für Kunst und Interdisziplinäres. Das Jubiläumsprogramm umreißt Peter als «mit jungen Menschen im Sinn konzipiert, Leitlinien der generellen Programmarbeit widerspiegelnd, queer, LGBTIQ, es soll migrantische Hintergründe einbauen, darum Hip-Hop und, ich nenn’ es so, Urban Music, das FM4-Publikum (Skofi & Skyfarmer) wird ebenso abgeholt wie am 29. 4. klassische Underground-Wahrnehmungen mit Gewalt, Repetitor und f.e.i.d.l.» Der 30. 4. – bei freiem Eintritt, für die anderen Abende sind Spendentickets (für die Ukraine-Hilfe) erhältlich – bringt Wegbegleiter_innen wie pop:sch, den Chor Kördölör oder die Bläser von Vabrassmas. Martin ergänzt den Hinweis auf den Clubgipfel am 1. Mai, wo diverse Clubs und Kollektive, die für Spielarten elektronischer Musik im Fluc-Zusammenhang stehen, together getten. Rück- und ausblickend summiert er: «Ich glaube schon, dass es für unser Team a bissl die Gelegenheit war, sich neu aufzustellen, was kann man im guten Sinn ändern, dass es bleibt, wie es ist.»
Was dazu führt, dass das Fluc als breit aufgestelltes, «nennen wir es Kulturzentrum», gerade auch untertags seine Räumlichkeiten «der Nachbar_innenschaft» im weiteren Sinne anbieten will. Es bleibt spannend!
www.fluc.at
Buchtipp:
P. Nachtnebel, U. M. Probst, M. Wagner (Hg.):
FLUC – Tanz die Utopie!
Falter Verlag 2014
344 Seiten, Euro 24,90