Gottfrieds Tagebuch
31. 7.
Es ist gewohnt heiß, also das Wetter, nicht ich. Tropentagen folgen Tropennächte, was zu vermehrter Tätigkeit der Schweißdrüsen führt. Die ausgetretene Flüssigkeit hat gar nicht genug Zeit, um an mir hinunterzurinnen. Nein, sie verlässt meinen Körper waagrecht und verdunstet umgehend.
Ein Raumluftbefeuchter der etwas anderen Art sozusagen. Durch einen rötlichen Schleier versuche ich, einige Nachrichten in mein ein wenig weiches Denkorgan vordringen zu lassen. «Bankräuber gesucht!», erfahre ich, und schon bahnt sich ein Gedanke seinen Weg. «Ist ein Posten im Vorstand eines Geldinstitutes frei geworden?» Eine weitere Frage betritt völlig unvermittelt und aus jeglichem Zusammenhang gerissen das Rampenlicht: «Wie lautet die Mehrzahl von Schah?» Es ist gewohnt heiß, wie bereits erwähnt …
1. 8.
Öfter einmal was Neues. 36 Grad. Im Schatten. Da gehe ich doch lieber in die Sonne. Gibt es eigentlich schon eine Schatten-App? Während ich also verzweifelt nach kühlerem Schatten fahnde, geraten zwei minderjährige, weibliche Nachwuchshoffnungen in meinen Sicht- und Hörbereich. Und dann sagt das eine Mädchen zum anderen Mädchen: «Sei kein Mädchen!» Ja wie jetzt!? Kann es sein, dass die Hitze alle weich macht?
3. 8.
«!§$%&/!» Chefgourmet Mucki tafelt Pastete mit Kalb und Huhn. Währenddessen verschlinge ich den sechsten Liter Wasser des heutigen Tages, und interessanterweise will nur ein Bruchteil davon meinen Körper auf dem von der Natur ursprünglich dafür vorgesehenen Weg verlassen. Meine Gedanken sind wie üblich überall in der Weltgeschichte unterwegs. Ich weiß nie, was sie mir mitbringen werden. Heute soll es eine wahrhaft weltbewegende Frage sein: «Gourmet ist der Mann. Wie nennt sich die Frau? Gourmeuse?» Mucki reagiert leicht pikiert auf diese Problematik.
5. 8.
Der gewohnte Gang zum gut gekühlten Nahversorger meines Vertrauens. Allzu viel Nahrung vermag ich ohnehin nicht zu mir zu nehmen, aber erstens ist Bewegung gesund und zweitens? Den zweiten Punkt dürfte ich verschwitzt haben. Auf meinem Weg durch die kühlen Hallen der Nahrungsbereitstellung werde ich einer jungen Frau ansichtig, die ohne ihr Smartphone völlig hilflos zu sein scheint. Eine Hand Telefon, andere Hand Ware, dritte Hand? Während ich meine Gutscheinkarte an der Kassa bereithalte, fällt mir ein, dass offensichtlich einige Leute ohne SIM-Karte bewusstlos wären.
6. 8.
1945 Atombombenabwurf auf Hiroshima, am 9. 8. auf Nagasaki und jetzt Anno Domini 2017 ein US-Präsident, der in seiner geistigen Umnachtung durchaus zu einem Atomkrieg mit Nordkorea imstande zu sein scheint. Manche sagen, dass ich mich nicht fürchten soll, weil das ja so weit weg sei. Ich persönlich bin ja schon fast 57 und eile meinem Ablaufdatum entgegen, oder auch nicht, aber vor dem vereinigten Idioten jenseits des Atlantiks muss man sich ängstigen. USA = United States of America. Vereinigte Staaten? ‹States› kann aber auch ‹Zustände› bedeuten. Die Vereinigten Zustände von Amerika. Sehr passend zu einem Wahnsinnigen, der glaubt, dass nur Gewalt eine Lösung sei.
10. 8.
Wahlkampf und Wahlkrampf. Es ist eine gefährliche Zeit, denn so mancher Bundesgeschwätzführer mutiert umgehend zuerst zum Phrasendrescher und letztlich zum Worthülsenvollernter. Und mittendrin unser Maturant, der sich nicht in der Lage sieht, den Posten des Vizekanzlers zu bekleiden, aber unbedingt Kanzler werden will. Der Herr Kurz ist leider ein sehr schlechtes Beispiel dafür, mit wie wenig Ausbildung man es in der ÖVP zu etwas bringen kann. Tut mir leid, aber ich hätte mein Führungspersonal gerne mit einer abgeschlossenen solchigen. Eine Matura alleine ist mir zu wenig. Außerdem wäre Herr Kurz ohne seine SIM-Karte auch ziemlich hilflos. Während ich so vor mich hin transpiriere, fürchte ich mich prophylaktisch schon vor Schwarz/Türkis/Hellbraun und Blau als Regierung. Das wäre echt trumpig.
16. 8.
Man glaubt es kaum, aber ich stelle mir nicht ständig wichtige Fragen. Manchmal sind auch schwere dabei. Wie zum Beispiel folgende: «Ist Ehe die Abkürzung von errare humanum est (irren ist menschlich)? Kann man sich mehr als zweimal halbtot lachen? Braucht man ein WLAN-Kabel und wenn ja, wofür?» Während ich dieses niederschreibe, fordert eine gewisse Aretha Franklin RESPECT von mir. Den kann sie haben, obwohl ich noch nie respektlos war zu dieser Gesangsikone. Und schon soll ich plötzlich THINK. Das werde ich umgehend erledigen.
22. 8.
Ich bin gelegentlich in einem Seniorentreff vorzufinden. Kommunikation erscheint nicht nur mir wichtig, und vom Reden sind noch wenige gestorben. Doch heute steht die Frage im Raum, ob Filme von Rosamunde Pilcher verboten werden sollten. Immerhin ist aktive Sterbehilfe in Österreich verboten! Alexander Roda Roda hat sich zu dieser Thematik einige Gedanken gemacht. «Ein Mann alleine – Lyrik. Zwei Männer – Ballade. Ein Mann und eine Frau – Novelle. Zwei Frauen und ein Mann – Roman. Zwei Männer und eine Frau – Drama. Zwei Männer und zwei Frauen – Lustspiel».
