Die Vielfalt illustrierentun & lassen

Augustinerin Silke Müller

Besteht eine Familie aus Mutter, Vater und Kind? Mit welchen Buntstiften kann man Hauttöne malen? Tragen Frauen Rock und lange Haare? Bildpolitik interessiert mich! Ich verstehe es als meine gesellschaftliche Verantwortung, als Illustratorin Vielfalt darzustellen.
Am Anfang war eine Nachbarin. Die hat auf mich aufgepasst, wenn ich nicht im Kindergarten war und mich bei ihren Tiefdrucken mitmachen lassen. Ich glaube, sie hat mir den Weg geebnet. Ich bin über die Ausbildung zur Mediengestalterin, einen Abstecher an die Bauhausuniversität Weimar und ein Studium an der Hochschule Wismar zur Illustratorin geworden. Dort hat Wolf-Dieter Pfennig Malerei unterrichtet, den sieht man immer noch in meinen dicken schwarzen Konturen. Später habe ich mich erst als Grafikerin verdingt und dann die Selbständigkeit gewagt. Mein erster Auftrag war ein Logo für meine Schwester – die hat sich nämlich zeitgleich selbständig gemacht.
Als Diplom hatte ich Illustrationen und ein Radiofeature gemacht: Leute erzählen darin, wie die Zeichnung aussieht, die ich für sie zeichnen sollte. Eigentlich waren die Beschreibungen so wunderschön, dass es gar keiner Illustrationen mehr bedurft hätte. Ich habe dann beim freien Radio FRO als Hospitantin angeheuert, und so bin ich in Linz gelandet. Beim Vorstellungsgespräch hatten alle Kapuzenpullis an, da dachte ich, hier ist es gut, hier bleib ich. Ich bin auf Rügen aufgewachsen, in einem Dorf mit 29 Einwohner_innen. Dagegen ist Linz eine Großstadt.
In Linz sind im Moment alle mit der Förderpolitik beschäftigt. Der Druck ist so hoch, dass selbst die, die noch gar keine Kürzungen abbekommen haben, schon verspannt sind beim Gedanken daran. Aber es gibt auch schöne Seiten in der Stadt: Umwelttechnisch passiert einiges, seit Neuestem gibt es zum Beispiel Lastenleihräder.
Die Selbständigkeit als Illustratorin war am Anfang schon hart. Es gab Zeiten, da musste mein Mitbewohner die Miete für mich auslegen, und ich bin neben dem Illustrieren kellnern gegangen. Mittlerweile habe ich ein gutes Auskommen und brauche mir keine Sorgen zu machen – theoretisch. Ich weiß natürlich, dass alle meine Auftraggeber_innen aus dem Kulturbereich sind und jeder Fördereinschnitt irgendwann auch mich treffen wird. Bisher musste ich aber noch nie eine Arbeit annehmen, hinter der ich nicht stehen konnte. Der Olymp wäre natürlich, für den New Yorker zu illustrieren. Aber dafür muss ich ihnen wahrscheinlich zuerst mal mein Portfolio schicken.

Protokoll: Lisa Bolyos