Die Wörterkreationen des Josef Prölltun & lassen

Hypo Alpe Adria und Raiffeisen

Der AUGUSTIN schrieb schon vor einem halben Jahr über die merkwürdigen Umstände der Verstaatlichung der Hypo Alpe Adria. Jetzt gibt es das Thema auch in der Tagespresse, «Notverstaatlichung» wird es dort genannt. Hier die Beleuchtung des Raiffeisenfaktors bei der Bankübernahme, die das Giebelkreuz schonte und die österreichischen Steuerzahler_innen bluten lässt.

Es war einmal: die Landeshypothekenanstalten in den österreichischen Bundesländern waren kreuzbrave Banken (liest sich gut im Augustin: «kreuzbrave Banken»!), waren zu 100 Prozent im Eigentum der jeweiligen Bundesländer, vergaben Hypothekarkredite und waren den Bundesländern als Hausbanken zu Diensten, bilanzierten mit Gewinnen. Es gab keinerlei vernünftigen Gründe für die jeweiligen Bundesländer, das Geschäftsmodell dieser Banken zu ändern und Anteile davon privaten Investoren zu verkaufen. Doch dann wurden diverse Häuptlinge in den Bundesländern offensichtlich an Margaret Thatcher und an deren Privatisierungsmanie erinnert; nämlich zu privatisieren oder zumindest teilzuprivatisieren, wenn Gewinne in private Taschen geleitet werden können. Bei der Vergabe der Anteile haben Raiffeisenlandesbanken hier laut geschrien, und heute sieht der geneigte Betrachter dieses Bild:

o Landeshypothekenanstalt Steiermark AG: 74,99 % der Anteile hält die Raiffeisenlandesbank Steiermark.

o Salzburger Hypothekenbank AG: 79,37 % der Anteile an der Hypo Holding befinden sich im Eigentum der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich.

o OÖ Landesbank AG: 38,57 % Beteiligung der RLB OÖ.

Die Beteiligungen bei den diversen Landeshypos brachten dem Raiffeisensektor Dividenden, der Haftungsverbund, dessen Zielsetzung es bei der Errichtung war, einzelnen Hypoanstalten bei Schieflage Hilfe durch die anderen Hypos zu gewähren, schien keine Bedrohung, die Banken waren «gesund» (nach «kreuzbrav» jetzt «gesund» im Zusammenhang mit Banken. Kann das Geschäftsmodell einer Bank «gesund» sein?).

Dann kam es zum Crash in Klagenfurt. Im Dezember 2009 war die Bayrische Landesbank aktuell Eigentümer des Klagenfurter Geldhauses, die Hypo Alpe Adria zu diesem Zeitpunkt in den Haftungsverbund der anderen österreichischen Hypos eingebunden. Bei den RLBs in Linz und in Graz war Feuer am Dach. Denn müssen via Haftungsverbund Gelder der anderen, «gesunden», Hypobanken als Hilfsmaßnahme nach Klagenfurt geschickt werden, so kürzt dies die Dividenden der Shareholder dieser «gesunden» Hypos – und das waren die erwähnten Raiffeisenlandesbanken in Graz und Linz.

Genau in diesem Moment beginnt zu wirken, was in dieser Serie bereits wiederholt dargestellt wurde: Raiffeisen kann direkt in den politischen Entscheidungsprozess eingreifen, und Entscheidungen werden nicht zum Nachteil von Raiffeisen getroffen. Für eine Verstaatlichung der Hypo Alpe Adria war im Dezember 2009 der damals amtierende Bundesminister für Finanzen, Josef Pröll, zuständig. Josef Pröll folgte eisern der neoliberalen Regel, Gewinne zu privatisieren, Verluste zu sozialisieren. Die Regel galt auch in Anbetracht des Umstandes, dass das marode Institut im Eigentum einer potenten deutschen Bank stand.

Mit der Übernahme der Hypo Alpe Adria durch die Republik Österreich war der Haftungsverbund der österreichischen Hypothekarbanken aus dem Schneider und die Eigentümer der restlichen Hypos hatten Grund, die Champagnerkorken knallen zu lassen.

Josef Pröll verabschiedete sich wenige Wochen nach der Bankübernahme durch die Republik von seinem Amt in der Bundesregierung. Und ging schnurstracks zu Raiffeisen. Er wurde hochdotierter Chef einer der wichtigsten Beteiligungsfirmen der Raiffeisengruppe in Niederösterreich: Pröll ist seit seinem Ausscheiden aus der Politik Vorstandssprecher der Leipnik Lundenburger Invest Beteiligungs AG.

Die Möglichkeit, in Sachen Hypo Alpe Adria so und nicht anders zu agieren, ist übrigens eine direkte Folge der Teilprivatisierung der österreichischen Hypothekenbanken. Danke, ihr neoliberalen Entscheider!

Pröll hinterließ neben dem pekuniären Desaster noch etwas: die Wortschöpfung «Notverstaatlichung». Die Not war in den Vorstandsetagen der RLBs, als Zahlungen des Hypo-Haftungsverbundes im Raum schwebten und Dividenden in Gefahr waren. In der österreichischen Tagespresse wurde der Begriff «Notverstaatlichung» brav nachgeplappert und suggeriert, es hätte zur Übernahme der Bank keine Alternative gegeben. Nicht zum ersten Mal wird versucht, durch erfundene Begrifflichkeiten Inhalten eine andere gewünschte Deutung zu geben. Legendär der versuchte Coup des abgewählten Kanzlers Schüssel: Als der und die Seinen beschlossen, Pensionen zu kürzen, nannten sie dies «Pensionssicherungsreform» – mittlerweile als dreiste Lüge enttarnt. Der «Notverstaatlichung» wird es nicht anders ergehen.

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