Edi kochttun & lassen

Fünfmal in der Woche gibt es im Haus St. Josef ein Mittagessen zum Kleinstpreis

In der Lacknergasse gibts das beste Essen lautet der

allgemeine Tenor im Augustin-Vertriebsbüro. Damit dieses Angebot zustandekommen kann, ist Engagement von vielen Seiten notwendig.

Lacknergasse_2__205.jpgDieses beginnt mit den großzügigen Essensspenden der umliegenden Schulen: regelmäßig kommen Lieferungen von der Köhler-Schule, dem Herzmarienkloster und der Antonischule. Ein Bäcker stellt das benötigte Brot und Gebäck kostenlos zur Verfügung. Auch von der Wiener Tafel wird die Küche des Tageszentrums mit allen möglichen Lebensmitteln beliefert. Für zusätzlich notwendige Einkäufe wie Fette, einzelne Grundnahrungsmittel, Fleisch für das Sonntagsessen oder Gewürze gibt es ein Budget von der Caritas, der Betreiberin des Hauses. Und der Schwester-Grata-Verein versorgt die Gäste mit frischem Obst.

Jetzt kommt der Küchenchef ins Spiel: Edi, bürgerlich Eduard Ladits, ist der Zampano der Lacknergasse. Er sichtet Spenden und Vorräte, lagert, kühlt oder friert sie ein und zaubert aus dem Vorhandenen täglich Suppe und Hauptgericht, bei Gelegenheit sogar eine Nachspeise: Wochentags ist es vor allem ein Improvisieren. Ich schau mir an, was da ist, und dann überlege ich, was ich draus mache. An den Sonntagen, wenn die Schulen geschlossen sind, wird bei uns frisch gekocht, und immer mit Fleisch.

Edi schupft die Lacknergassen-Küche seit 15 Jahren. Ich hab nicht weit zur Arbeit, werde genauso bezahlt wie anderswo, und was mir viel wert ist: Ich bin hier mein eigener Herr. Als er im Haus St. Josef begann, wurde das Heim von einer geistlichen Schwester geleitet. Damals war Edi noch Alkoholiker. Herr Edi, wo kriegen Sie immer Ihren Rausch her?, hat mich die Schwester oft gefragt. Sie ist nicht draufgekommen. Ich hab das Bier in den undurchsichtigen Gewürzbehältern versteckt gehabt! Seit einem Extremrausch vor 14 Jahren ist Edi allerdings trocken.

Unterstützt wird Edi von zwei Teilzeit-Küchenhilfen; ehemaligen Klienten, die für ein therapeutisches Taschengeld einfache Arbeiten erledigen. Die Essensausgabe ist Sache des Leiters gemeinsam mit dem Zivildiener und freiwilligen HelferInnen, die auch das tägliche Tischgebet vorsprechen.

Um punkt zwölf wird das Essen serviert, für das Personal schon vorher. Nach dem ersten Durchgang gibt es noch Nachschlag auch kleinere Spenden und eventuelle Restportionen vom Personalessen kommen so unter die Leute. Was da ist, dürfen die Gäste mitnehmen jedeR weiß das und hat für den Fall der Fälle einen Behälter dabei. Dann geht der Leiter des Tageszentrums Hans-Georg Wächter kassieren. Das Essen kostet 40 Cent, aber wer grad nix hat, kriegt trotzdem was.

Das Haus St. Josef kennt keine Zugangsbeschränkungen und ist dadurch eine niederschwellige Einrichtung. Jede und jeder ist willkommen, auch die, die in den Häusern des Fonds Soziales Wien nicht akzeptiert werden, Roma-Familien aus der Ost-Slowakei beispielsweise. Missbrauch gibt es so gut wie keinen, denn die Berührungsängste zwischen denen, die was haben, vor denen, die nichts haben, sind immer noch groß. Hans-Georg Wächter: Ich kenne nur eine über 90-Jährige, die es eigentlich nicht notwendig hätte, und die sitzt dann sozusagen am Pensionistentisch und hat dort ihre Ansprache und Geselligkeit.

Niederschwellig ist das Haus St. Josef auch für Spender. Werden Toiletteartikel oder Kleidungsstücke benötigt, ruft der Pfarrer der nahe gelegenen Kirche das in der Messe aus. Aufgrund des kleinen Budgets ist die Lacknergasse auch offen für Schul- oder Kirchenprojekte und natürlich für PraktikantInnen. Sogar Schulden könnten hier abgearbeitet werden, aber diese Möglichkeit wird, so der Leiter des Tageszentrums, eher selten in Anspruch genommen.

Zu den Weihnachts- und Osterfeiertagen wird das Essen besonders ausgerichtet: Die Tische werden mit schönem Geschirr gedeckt, es gibt Freibier, aber auch kleine Geschenke, Lieder werden gesungen oder es wird das Weihnachtsevangelium gelesen, erzählt Wächter.

Derzeit profitieren durchschnittlich etwa 70 Personen vom täglichen Mittagstisch. Wir hatten in früheren Jahren bis zu 80 Leute täglich hier. Sonntags ist es meist mehr, und zu den Feiertagen sind wir überhaupt randvoll. Zu Ostern waren es knapp 150 Gäste, ist Wächter mit der Auslastung zufrieden.

Dieser imposante statistische Ausreißer bedeutet konkret, dass Edi für den Ostersonntag quasi im Alleingang 80 Grillhenderl zubereitet hat, nicht zu vergessen die Suppe und die Beilagen 15 Kilo Reis und 160 Portionen Salat und natürlich das Portionieren und Anrichten. Das muss mir erst einmal einer nachmachen!

INFO:

Haus St. Josef

Lacknergasse 98

1180 Wien

Tel.: (01) 479 23 94

haus-st-josef@caritas-wien.at

Straßenbahn 9 oder 42

(Station Sommarugagasse)

Angebot:

Mittwoch bis Sonntag, 815 Uhr

Aufenthalt, Beratung und Betreuung

Dusche

Kleiderkammer: Freitag, 10.3011.30 Uhr

Mietbare Spinde, Dokumentenaufbewahrung

Gartenbenützung

12 Uhr: warmes Mittagessen um 40 Cent