Die Abenteuer des Herrn Hüseyin (115)
Herr Hüseyin ist zumindest historisch auch ein Teil der hundertjährigen Geschichte der Republik Österreich geworden.
Grafik: Karla Müller
Er ist in der Ausstellung Aufbruch ins Ungewisse des Hauses der Geschichte Österreich mit drei Sachen vertreten. Und zwar mit einem Dokumentarfilm, acht Fotografien und einem Hut des Vaters. In dem Dokumentarfilm geht es um die Auseinandersetzung des in Österreich lebenden Sohnes mit seinen Eltern. Der Hüseyin wurde von seinem Vater im Jahr 1981 zum Arbeiten nach Wien gebracht. Der Vater Hüseyins kam im Jahre 1964 nach Österreich. Die Mutter blieb immer in der Türkei. Hüseyins Vater war auch der damalige Gastarbeiter-Fotograf, der an den Wochenenden vor schönen Wiener Kulissen für die Migrant_innen Fotos anfertigte, diese wurden in die Türkei, nach Jugoslawien, sogar nach Polen mittels Briefen geschickt. Solche Fotografien waren auch in den Briefen von Hüseyins Vater.
Oberhalb des Monitors ist der Hut vom Vater in einem dafür extra gebauten Glasbehälter. Von den Fotografien hat das Haus der Geschichte im Rahmen der Ausstellung Aufbruch ins Ungewisse achttausend Postkarten anfertigen lassen. Das sind Fotos, die Herr Hüseyin von dem Barackenhaus, in dem sie in Wien wohnten, in Schwarzweiß gemacht hatte. Nach langer Zeit schickt Hüseyin Postkarten nach Hause. Im Gegensatz zu seinem Vater versteckt er nicht die Postkarten in einem Briefkuvert, sondern adressiert die Karten, die seine Wohnsituation zeigen, an ihn.
Hüseyins Vater kam jedes Jahr mit einem anderen Hut nach Hause. Auch die Verwandten wollten von ihm als Geschenk einen Hut aus Österreich. Inzwischen, nach dreißig Jahren, waren viele Hüte bei ihm zu Hause. Diese Hüte waren aus unterschiedlichen Bundesländern in Österreich. Als er 1995 in Pension ging und für immer Österreich den Rücken kehrte, waren wie er selbst seine Hüte auch alt geworden. Diese unterschiedlichen Hüte trug er, wenn er in die Kaffeehäuser ging. Obwohl sein Sohn ihn öfters eingeladen hat, Österreich und ihn zu besuchen, weigerte sich der Vater, wieder nach Wien zu kommen. Als eines Tages Hüseyin seinen Vater anruft, um von ihm den einen bestimmten Hut für die Ausstellung Aufbruch ins Ungewisse zu verlangen, ist der Vater erstaunt. Was er denn mit so einem alten Hut will. Der Hut hat doch sehr viel Schweiß in sich aufgesogen und ist sehr speckig. Er würde sich doch schämen, dass sein alter Hut im Rahmen von Hundert Jahre Republik ausgestellt wird. Er würde doch einen anderen Hut dem Hüseyin für die Ausstellung zur Verfügung stellen. Aber sein Sohn wollte den einen bestimmten Hut, den er immer im Weingarten beim Arbeiten trug. Er schickt den Hut per Post schließlich nach Wien. Als Hüseyin die Postbenachrichtigung erhielt, wollte er den Hut an der in der Benachrichtigung angegebenen Adresse abholen. Aber der Hut ist nicht da. Es vergehen noch drei Wochen, bis man bei der Post den Hut gefunden hat. Zwar ist der Vater Hüseyins nicht da, aber der Hut hängt jetzt als Ausstellungsstück in der Ausstellung Aufbruch ins Ungewisse.
Besuchen Sie den Hut meines Vaters im Haus der Geschichte!