Ein Auto ist kein Maiskolbentun & lassen

Das PKW-Pickerl vom Lagerhaus – Aspekte der Raiffeisendominanz (Folge 11)

Zum Erfolg im Geschäftsleben gehört, nichts auszulassen, was Marie einbringt. Nach diesem Grundsatz sind die Lagerhäuser im Rahmen der Raiffeisenorganisation unterwegs. Die Einrichtungen für das Landmaschinen-Service werden etwa genutzt, um auch kommunalen Unternehmen und Privatpersonen Reparaturen anzubieten. Einzelne Standorte verfügen sogar über Handelsverträge und agieren als Vertragswerkstätten einzelner Pkw-Marken.Seltsamerweise sind noch nie Proteste der Österreichischen Wirtschaftskammer gegen diese «Schmutzkonkurrenz» für die heimischen Autohändler und Kfz-Werkstätten laut geworden. Wurde seinerzeit bei jedem Kübel Blumen, der in einer Filiale der Konsumgenossenschaft aufgestellt wurde, der Tod des Gärtnergewerbes an die Wand gemalt, schweigen Bundesgremium Fahrzeughandel und Bundesinnung der Kfz-Techniker zur Tätigkeit der Lagerhäuser auf ihrem ureigensten Sektor.

Die Raiffeisen Ware Austria AG, RWA genannt, bezeichnet sich als «das Großhandels- und Dienstleistungsunternehmen der Lagerhausgenossenschaften.» Sie verkörpert nach Eigendefinition eines der größten Handelsunternehmen Österreichs und ist vor allem im Handel mit Agrarprodukten und landwirtschaftlichen Betriebsmitteln, Baustoffen, dem Baumarktgeschäft und dem Energiehandel tätig. RWA hält Beteiligungen in Österreich sowie in der CEE-Region. 2010 erwirtschaftete der RWA-Konzern Umsatzerlöse von knapp zwei Milliarden Euro.

Breit aufgestellt

Zur RWA gehören neben dem Sitz in Wien Kommissionier- und Ersatzteillager in Traun und Korneuburg sowie Saatgutproduktionsanlagen und Getreidelager in Lannach und Korneuburg. Zu den wesentlichen Inlandsbeteiligungen der RWA zählen Garant, Genol, Frisch & Frost und Ybbstaler. (Der Fruchtsaftproduzent steht vor einer Fusion mit der ebenfalls Raiffeisen eigenen Agrana Juice Holding.) In Kroatien, Slowenien, Tschechien, der Slowakei und Ungarn ist die RWA vor allem im Agrargeschäft tätig. Seit 1999 nutzen die Lagerhäuser nicht nur Synergien mit der RWA. Über die strategische Allianz mit der deutschen BayWa AG ist die Raiffeisen Waren Organisation europaweit präsent.

Die Lagerhäuser selbst sind wiederum in mehreren Kerngeschäftsfeldern als Handels- und Dienstleistungsunternehmen tätig. Und zwar in den Bereichen Agrar, Technik, Energie, Baustoffe, Bau- und Gartenmarkt sowie Dienstleistungen. Was beispielsweise unter Technik (mit einem Umsatzanteil von zuletzt immerhin 17,7 Prozent) zu verstehen ist, liest sich auf der RWA-Homepage so: «(Das) Lagerhaus vertreibt Land- und Kommunalmaschinen, Ersatzteile, Reifen und Fachbedarf, außerdem Motor- und Gartengeräte. Die Angebote variieren nach Standort und Bedarf. In manchen Regionen betreibt Lagerhaus auch den Handel mit Kraftfahrzeugen. Das Werkstättennetz mit rund 200 Werkstätten in ganz Österreich stellt eine wesentliche Dienstleistung im ländlichen Raum dar.»

Genau gezählt handelt es sich um 202 Kfz-Fachwerkstätten, in denen zum Großteil neben der Reparatur von Landmaschinen das gesamte Portefeuille einer Kfz-Werkstätte für Pkw angeboten wird. Am dichtesten ist das Netz in Niederösterreich und Oberösterreich mit 91 bzw. 44 Standorten. Geringer ist die Dichte in der Steiermark, Kärnten, Tirol und dem Burgenland mit 37, 12, 10 bzw. 8 Niederlassungen. Nur Wien und Vorarlberg sind diesbezüglich weiße Flecken. Bei den angebotenen Dienstleistungen kennt man keine Zurückhaltung: Sie reichen vom Pickerl über den Glasschaden bis zum Bremsencenter. Viele Standorte fungieren überdies als Markenpartner von Automobilherstellern.

Bunte Vertragslandschaft

Abgesehen davon, dass Raiffeisen mit der international agierenden Raiffeisen Leasing sowie der Impuls-Leasing der Raiffeisenbank Oberösterreich über zwei Spezialunternehmen verfügt, die auch im Kfz-Bereich agieren, nehmen einzelne Standorte das Neuwagengeschäft sehr ernst. Zum Beispiel bietet das Lagerhaus St. Pölten Neu- und Gebrauchtwagen von Peugeot und Subaru an. Das Lagerhaus Bruck an der Leitha vertritt die PSA-Marke Citroen. Und das Lagerhaus Wiener Becken ist an den Standorten Guntramsdorf, Gramatneusiedl und Ebreichsdorf automobil aktiv.

In Guntramsdorf werden im Lagerhaus-Autohaus Modelle von Isuzu und Fiat angeboten, Die Werkstätte wird als Partner von Fiat und Alfa Romeo ausgewiesen. Die Filialen in Gramatneusiedl und Ebreichsdorf verfügen über Werkstättenverträge mit Audi und VW. Die Lagerhaus-Präsenz im Pkw-Geschäft beschränkt sich nicht aufs «flache Land», sondern erstreckt sich neben Bruck an der Leitha und St. Pölten auch auf andere Bezirks- und Landeshauptstädte wie Klagenfurt oder Villach, wo die Versorgung mit Pkw-Betrieben keinerlei Lücken aufweist.

Sehen lassen können sich die Kennzahlen der Lagerhäuser. Mit rund 4,3 Milliarden Euro sind sie nach einer Selbsteinschätzung «bedeutender Wirtschaftsfaktor in Österreich». In den letzten Jahren wurden regelmäßig Umsatzsteigerungen verbucht. 2008 erwirtschafteten die Lagerhäuser rund drei Viertel gehören dem RWA-Verbund an im Vergleich zum Jahr vorher ein Umsatzplus von 14 Prozent.

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