Ein Bahnhofsrestaurant wie eine Kathedralevorstadt

Neues Interieur im alten ­Bahnhofsrestaurant. Rund 15.000 Einwohner:innen hat Česká Třebová (Foto: © Wenzel Müller)

Städte unterm Radar: Česká Třebová

Einst waren es stolze Einrichtungen, die Bahnhofsrestaurants. Hier pflegten die Menschen einzukehren, wenn sie mit der Bahn unterwegs waren. Sie hatten noch Zeit – oder nahmen sie sich zumindest. Und heute? Heute eilen die Menschen mit Coffee-to-go zum Zug. Nur keine Zeit verlieren. Die Bahnhofsrestaurants sind ausgestorben, und wo es noch welche gibt, machen sie einen eher ­tristen Eindruck. Glorreiche ­Ausnahme: das Nádražní restaurace von Česká Třebová, Tschechien, rund 250 km von Wien entfernt.
Eine wahre Kathedrale ist dieses Bahnhofsrestaurant. Gut sechs Meter ragen die Wände in Gelb und Mintgrün in die Höhe. Hier lebt die Tradition, nicht ­zuletzt daran zu erkennen, dass das ­große Bier (35 Kronen) billiger ist als der ­kleine ­Espresso (40 Kronen). Die Küche bietet nur kalte Gerichte: Camembert und Wurst. So lieben wir es, wir mögen’s einfach.
Wäre doch nur der prächtig große Raum auch einfach leer gelassen worden! Stattdessen wurde er mit wabenartig angeordneten Sitzkojen vollgestellt. Ein gut gezapftes Bier hat zwar eine Blume – aber Waben haben in einem ­Lokal nichts verloren. Ein Schönheitsfehler. Doch ­einer, der nicht von einer Reise dorthin abhalten sollte. Wo sonst kann man Eisen­bahnromantik und Biergenuss noch so herrlich kombinieren?
Česká Třebová, ein Bahnkotenpunkt, ist gut mit dem Zug zu erreichen. Was im Bahnhofsrestaurant auffällt: Kaum ein Gast mit Koffer oder Rucksack. Hier sind die Einheimischen unter sich. Sie kommen nicht, um auf Reise zu gehen. Stattdessen geht es für sie hinterher wieder nach Hause.

 

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