Ein Gespräch im TaxiDichter Innenteil

Die Abenteuer des Herrn Hüseyin (140)

Überall in Wien gibt es zur Zeit Weihnachtsmärkte. Es gibt keinen Platz, der in der Weihnachtszeit nicht bewirtschaftet wird. Die Stadt riecht nach Punsch. Sehr viele Touristen sind in der Stadt unterwegs. Hüseyin vermeidet diese Märkte. Er hat die Erfahrung gemacht, dass man innerlich durchs Punschtrinken gewärmt wird, aber unterhalb des Bauches erfriert. Der Kopf wird auch sehr heiß. Als ob man dem Christus näher sein würde, wenn man das süße Getränk zu sich nimmt. Er möchte keinem Propheten nahe sein. Weder dem Muhammed noch dem Abraham noch dem Jesus. Wenn Menschen unbedingt einen brauchen, der ihnen auf dieser Erde in dem kurzen Lebensabschnitt das Gefühl der Sicherheit geben soll, von mir aus, meint der Hüseyin.

Heute ist wieder Montag. Der Hüseyin muss in der Früh die Fotoausrüstung zusammenpacken, sie ins Amtshaus in Hietzing führen und dort in den Keller bringen. Ein freundlicher Taxifahrer fährt den Hüseyin hin. Am Anfang reden sie miteinander Deutsch. Er sagt dem Fahrer, wo es hingehen soll. Bevor sie miteinander ins Gespräch kommen, redet der Fahrer übers Handy mit seiner Frau oder Freundin. Hüseyin spricht den Taxler auf Türkisch an. Sie fangen, wie es üblich für Menschen aus der Türkei ist, mit der «Woher kommst du?»-Frage an. Er ist aus Hatay, eine Stadt an der syrischen Grenze. Hüseyin sagt ihm auch, woher er kommt. Der Taxler hat von seinen vier Söhnen gesprochen, die hier studiert haben. Über die Politik fängt er an zu sprechen, nachdem er erfahren hat, dass der Hüseyin ein Kurde ist. «Wir sind alle Brüder. Hier in Österreich ist man als Ausländer Mensch zweiter Klasse.» Und er lobt die ganze Zeit den Bundespräsidenten. Nicht den österreichischen, sondern den türkischen Präsidenten. Seit über vierzig Jahren ist der Taxifahrer in Österreich. Der Türkei geht es wirtschaftlich, aber auch politisch sehr gut, meint er, es sind immer die ausländischen Mächte, die die Türkei schlecht machen!

Hüseyin ist anderer Meinung, aber er ist geduldig, weil er etwas über die Lebenseinstellungen eines türkischen Taxifahrers hören möchte.

 

Frohe Feiertage und ein gutes neues Jahr wünscht Ihnen Herr Hüseyin.